Der Scheelehof in der Stralsunder Altstadt zieht die Blicke der Passanten auf sich, so schön ist er

Der Brunnen mit den drei Mägdelein plätschert vor sich hin, während wir an den Tischen auf dem Kopfsteinpflaster unseren Kaffee genießen. Immer wieder bleiben Passanten stehen, betrachten die schöne Fassade mit den Verzierungen und schlendern weiter. Der Scheelehof im Herzen der Stralsunder Altstadt ist ein wahrer Hingucker und fixer Punkt bei den Stadtführungen. Man selbst ist froh, dass man ein Zimmer gebucht hat und das neue Hotel auch innen erkunden kann.

Die Ursprünge des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes in der Unesco-Kulturerbestadt gehen zurück bis 1383, und es gibt kaum einen Nagel, der nicht von den Denkmalschützern genehmigt werden musste, ehe er in die Wand geschlagen werden durfte. Aber das Bewahren der historischen Substanz hat sich gelohnt. Das Vier-Sterne-Hotel, das Anfang April seinen Betrieb aufnahm, ist höchst individuell. Kaum ein Raum hat die gleiche Deckenhöhe, auch der Zuschnitt der Zimmer und Bäder ist ganz unterschiedlich. "Alles alte Holz ist erhalten worden", sagt Marketingleiterin Ute Reichel stolz, und vieles davon ist sichtbar - an den frei liegenden Deckenbalken. Auch die alten Holzfenster wurden aufgearbeitet und bewahren den Charme des historischen Ensembles.

Das Scheele-Haus, Geburtshaus des Apothekers und Chemikers Carl Wilhelm Scheele (1742-1786), Entdecker chemischer Elemente wie Sauerstoff und Stickstoff, war zu DDR-Zeiten Sitz des Kulturbundes. Seit Jahren standen die Giebelhäuser leer - bis der Hamburger Kaufmann Joachim Siemers sein Herz für die historischen Gebäude entdeckte und sie vor gut einem Jahr kaufte.

"Der erste Bauabschnitt ist fertig, der zweite soll ab August zur Verfügung stehen", sagt Reichel. In den Gebäuden an der Fährstraße gibt es 43 Zimmer und Suiten, im zweiten Bauabschnitt werden derzeit alte Speichergebäude umgebaut, hier entstehen weitere 54 Zimmer und der Wellness-Bereich. Ein großes Plus ist die Nähe zum Stralsunder Hafen. Das Meeresmuseum Ozeanum (im vergangen Jahr zum Europäischen Museum 2010 erkoren) liegt nur wenige Minuten entfernt und ist ein Muss für Stralsund-Besucher.

Und auch ein kleiner Segeltörn auf der hoteleigenen Yacht "Grenzenlos" ist dringend zu empfehlen. Wem ein Tagestörn zu lang erscheint, der kann mit Skipper René Sternke auch für eine knappe Stunde zum Dämmertörn auf den Strelasund hinaussegeln und den Blick auf Stralsund vom Wasser aus genießen. Wie gut, dass wir nicht wieder abgesagt haben, als wir befürchteten, zu dünn gekleidet könnten wir frieren. Der Skipper hat Segeljacken und -hosen an Bord. Und so können wir die Tour warm eingepackt genießen.

So viel frische Seeluft zur Abendbrotszeit macht hungrig. Der Tisch im hoteleigenen Restaurant Zum Scheel ist schon eingedeckt. Der hohe Saal, in dem man auch auf der Empore bestens sitzt, ist eine Augenweide. "Früher fuhren hier die Gespanne mit den Pferden ins Kontor", erklärt Ute Reichel. Heute hat Küchenchef Danny Zornow, 28, das Sagen. Die Speisekarte wechselt monatlich, die Gerichte haben einen regionalen Bezug.

Zornow kredenzt viel frischen Fisch und Fleisch von Bauern aus der Gegend. Die Spanferkelbäckchen auf Linsen sind ein Gedicht, das Carpaccio mit gebratenen Pilzen ebenso. Und es liegt ganz gewiss nicht nur an der Seeluft, dass es uns so hervorragend schmeckt. Zornow benutzt ausschließlich frische Produkte, auch die Mitarbeiter kriegen hausgemachte Pasta auf den Tisch. Unbedingt probieren sollte man die Scheelehappen der Stralsunder Fischmanufaktur Henry Rasmus, die für den Bismarckhering bekannt ist. Die Kanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem Besuch kürzlich ein kleines Kistchen mit Scheelehappen, einer milden, leicht süßlichen Matjesspezialität für ihren Mann nach Berlin mitgenommen.

Wer einmal ganz faul sein will, muss das Hotel den ganzen Tag nicht verlassen, denn im hauseigenen Café gibt es Kaffee und Kuchen. Die eigene Rösterei ist allerdings noch nicht in Betrieb. "Wir suchen noch nach dem richtigen Kaffee", sagt Marketingchefin Reichel. An der Sorte, die bis dahin serviert wird, gibt es aber auch nichts auszusetzen. Besonders gut schmeckt er, wenn man an den Tischen auf dem Kopfsteinpflaster vor der historischen Fassade sitzt.

Die Bücher zur Serie: Jeder der fünf bislang erschienenen Bände kostet 12,95 Euro. Infos: www.abendblatt.de/shop