Eine Reporterin bat John Cage, einen der einflussreichsten Komponisten der New Yorker Avantgarde des 20. Jahrhunderts, sich in einem Satz selbst zu beschreiben. Seine Antwort war „Get out of whatever cage you’re in“, übersetzt etwa: Egal in welchem Käfig du bist, befreie dich. Mit dem Wortspiel (Englisch cage: Käfig) wollte er sagen: Wie wir hören, bestimmt unser Leben, wir sind immer Teil einer hörbaren Aktivität. Das Rascheln der Zeitung, Möwenschreie, Motorgeräusche, Stimmen, scheppernde Mülltonnen, das ­Dingdong der Klingel, Händeklatschen – ­wir sind umgeben von Klängen, ohne sie als solche zu wahrzunehmen. Als lebten wir freiwillig in einem Gehör-Tunnel.

In ihrem Film-Essay „Everybodys Cage“, der jetzt im Abaton und bald auch in der Elbphilharmonie zu sehen ist, lädt die Hamburger Filmemacherin Sandra Trostel dazu ein, die Ideenwelt von John Cage (1912-1992) besser kennenzulernen. Ihr Scout ist der luxemburgische Pianist Francesco Tristano, der sich auf das musikalisch-philosophische Werk einlässt, diese ganz eigene Welt neuer Auffassungen von Sound, Zuhören, Welt und Weltverständnis: „Manche sagen, das ist Lärm oder das ist Stille. Cage sagt, das stimmt nicht, es ist alles Musik.“

Der Film begleitet Tristano bei Erkundungsgängen (Sound Walks) durch Manhattan und Brooklyn in New York, bei Konzerten, bei einer Session mit dem deutschen Techno-Projekt Brand Bauer Frick. Er spielt mit dem Avantgardemusiker Ruce Brubaker, der mit Cage zusammenarbeitete. Und er unterhält sich mit einem New Yorker Taxifahrer, der den Namen Cage noch nie gehört hat, sich aber ganz sicher ist, dass im Zentrum der Meditation der Klang des Universums auf ihn wartet. Eingeblendete Zitate von John Cage geben einen Eindruck von dessen Auffassungen.

Man muss kein Experte in Neuer Musik sein, um der Filmkomposition zu folgen. „In unserer hoch effizienten, durchgetakteten Alltagsroutine ist wenig Raum für planloses Denken und Handeln“, sagt Sandra Trostel. „John Cages besonderer Blick auf soziale und philosophische Themen hat mir gezeigt, wie fruchtbar und inspirierend es sein kann, Dinge einfach auf sich wirken zu lassen.“ Im Abaton wird Sandra Trostel am heutigen Dienstag bei der Premiere und am 26. März um 13 Uhr anwesend sein.

„Everybodys Cage“ Premiere Di 21.3., 20 Uhr, Start 23.3., Abaton, Allende-Pl atz 3, Karten 8, ermäßigt 7,50 Euro und So 2.4., 15 Uhr, Elbphilharmonie, Kaistudio, Tickets ab 5 Euro