Kaum eine Bürgerschaftssitzung oder Theaterpremiere begann ohne sie. Eine kleine, zierliche Frau, gut angezogen im Kostüm, oft mit schwarzem Garbo-Hut. Und immer mit ihrer großen Kamera. Erika Krauß war mehr als sechs Jahrzehnte lang Pressefotografin in Hamburg, eine Legende ihrer Zunft. Am 6. Februar wäre die 2013 gestorbene Fotokünstlerin 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass zeigt der Deutsche Journalistenverband (DJV) eine Krauß-Werkschau, die bis zum 11. März im Vor-Ort-Büro am Hansplatz zu sehen ist. In St. Georg hatte Krauß viele Jahre lang gewohnt.

Fotografierend hat Erika Krauß 13 Hamburger Bürgermeister überlebt. Die Liste ihrer Prominentenporträts reicht von de Gaulle, dem Schah von Persien, Chruschtschow und Putin bis Königin Elisabeth II., Lady Di, Marlene Dietrich, Alfred Hitchcock, Maria Callas, Heidi Kabel, Hildegard Knef. Und sie war die erste, die Helmut Schmidt fotografierte.

Geboren 1917 im schlesischen Karski, lernte sie zunächst „Kameramann“ in Berlin und wirkte an Ufa-Filmen mit. Nach 1945 fand sie Unterschlupf bei Freunden im Künstlerdorf Worpswede und legte ihre Prüfung als Fotografin ab. Was, eine Frau als Fotografin? In Hamburg wollten Henri Nannen und Rudolf Augstein sie nicht einstellen: „Frauen nehmen wir nicht.“ Nur Heinrich Braune von der „Hamburger Morgenpost“, erzählte sie, habe gesagt: „Ich habe kein Geld. Ich bezahle dir nur die Fotos. Geht das in Ordnung?“ Sie nickte, bekam anfangs 20 Mark pro Bild. Ihr Outfit schneiderte sie manchmal mit heißer Nadel in der Redaktion.

„Ich kann nicht lange sitzen“, sagte sie, „ich muss unter Menschen, muss alles sehen und hören.“ Neben dem Beruf brachte sie sechs Kinder zur Welt, wurde sechsfache Großmutter. 2001 feierte sie bei der „MoPo“ ihr 50. Dienstjubiläum. Für die Kollegen war sie „Kräußchen“.

Ihre Bilder zeugen von viel situativem Gespür, von Respekt vor den Menschen, aber auch von Witz. „In Hamburg passiert nichts Wichtiges ohne Erika“, sagte etwas der ehemalige Bürgermeister Ortwin Runde (SPD). Ihr schwarzer Hut wurde zum Markenzeichen – zu ihrem 90. Geburtstag schenkte ihr dessen Nachfolger Ole von Beust einen neuen.

Erika Krauß: „Werkschau der besonderen ART“ bis 11.3., Mo-Fr 12.00-16.00, 17.2. auch 16.00-19.00, 11.3. 15.00-18.00, Vor-Ort-Büro am Hansaplatz, Zimmerpforte 8, Eintritt frei