Wir geben zu: Vor diesem Film haben wir ein bisschen Angst gehabt. Weil der Filmkritiker just Kind war, als 1979 die Serie von „Timm Thaler“ mit Thomas Ohrner im Fernsehen lief, und diese immer noch ganz starke Erinnerungen weckt. Aber auch, weil Andreas Dresen ein großartiger Regisseur kleiner Arthouse-Dramen ist, aber noch nie einen aufwendigen Blockbuster-Familienfilm gedreht hat.

Zur Sicherheit haben wir deshalb zur Premiere des Films ein Kind unseres Vertrauens mitgenommen. Um nicht nur die eigenen Befindlichkeiten zu beobachten, sondern auch, wie der Film wohl auf das eigentliche Zielpublikum wirkt, das ja keine Ahnung hat, dass es da schon mal eine legendäre Serie gegeben hat, und das noch nicht einmal das zugrunde liegende Kinderbuch von James Krüss kennt. Wir dürfen hier schon verraten, dass wir beide oft kräftig gelacht haben. Wenn auch nicht immer an denselben Stellen.

Die erste weise Entscheidung: Während die Serienmacher 1979 den Stoff konsequent in die damalige Zeit hievten, lässt Andreas Dresen ihn, wie das Buch, wieder in den 20er-Jahren spielen, wenn auch in einer eher märchenhaften Version. Der kleine Timm lebt hier in eher ärmlichen Verhältnissen, weiß aber alle durch sein ansteckendes Lachen für sich zu gewinnen. Als der Vater stirbt und die Stiefmutter ihn drangsaliert, vergeht ihm allerdings das Lachen. Und als es ihm ein obskurer Baron namens Lefuet (Justus von Dohnányi) abkaufen will, schlägt er ein. Wird er doch dafür fortan jede Wette gewinnen.

Mit Lefuet, hinter dem sich spiegelverkehrt der Teufel verbirgt, brechen in der Ausstattung schon ein wenig die 30er-Jahre und die Nazizeit an. Die Schaltzen­trale des Bösen liegt sogar im Olympiastadion. Das versteht der Kleine neben mir nicht, ist für den Kritiker aber ein spannender neuer Ansatz.

Die zweite weise Entscheidung ist, dass Dresen als Gehilfen des bösen Lefuet ein herrlich schräges Dämonenpärchen (Andreas Schmidt und Axel Prahl) erfindet, das immer mal wieder, wenn es in Ungnade fällt, in Ratten verwandelt wird. Das führt auch zu ein paar hübschen Trickanimationen. Der Kleine lacht über diese tierischen Effekte. Der Große schmunzelt eher, dass Dresen nicht nur lauter Stars aus seinen früheren Filmen versammelt, sondern auch sonst lauter hübsche kleine Anspielungen auf sein Œuvre streut.

Und dann stehen sich in einer Szene, die so kurz ist, dass man sie verpassen könnte, wenn man nicht genau Obacht gibt, der neue (Arved Friese) und der alte Timm (Thomas Ohrner) plötzlich gegenüber. Da lachen die Erwachsenen, und die Kinder gucken sie verständnislos an. Auch das eine weise Entscheidung: nicht ignorieren, dass es mal diese Serie gab.

Alle verfilmen sie momentan prägende Kinder-TV-Erfahrungen neu. Kürzlich erst kam etwa „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ nach der alten Puppentrickserie ins Kino. Man konnte nun befürchten, dass Dresen sich mit der mächtigen Con­stantin Film quasi an den Teufel verkauft hat. Aber man darf aufatmen: Seine Handschrift ist überall erhalten. Man muss nicht immer in Niedlichkeit verfallen, man kann auch einen gesellschaftkritischen Familienfilm drehen.

„Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“ D 2016, 102 Minuten, ohne Altersbeschränkung, Regie: Andreas Dresen, Darsteller: Justus von Dohnányi, Axel Prahl, Nadja Uhl, täglich im Abaton, Blankeneser, Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Koralle, UCI Mundsburg/ Othmarschen/ Wandsbek, Zeise