Als „Engel der Inspiration“ schwebt sie herab, im Engelskostüm mit Flügeln. Aber vier Leute müssen das Seil halten, an dem sie baumelt, die füllige Dame schwankt bedenklich, und die Perücke droht zu verrutschen und ihren kahlen Kopf zu entblößen.

Florence Foster Jenkins ist sagenhaft reich. Und sagenhaft exzentrisch. In den 40er-Jahren organisiert sie Wohltätigkeitsveranstaltungen und kulturelle Abende, bei denen ihr Mann, der verkrachte Schauspieler St. Clair Bayfield, tapfer mitmacht. Aber als die berühmte Sopranistin Lily Pons in New York ein Konzert gibt, möchte die alternde Lady nicht länger nur Mäzenin sein. Auch sie hat einst gesungen. Und will es wieder tun.

Der Gatte weiß, was das bedeutet. Ihr Gesangslehrer, kein Geringerer als ­Maestro Carlo Edwards von der Met, weiß es auch. Aber nicht der Pianist, der dafür eigens eingestellt wird. Mit ihm identifiziert sich der Zuschauer. Denn mit ihm hört man Florence Foster Jenkins das erste Mal singen. Und es ist ein Fest, Simon Helberg, einem der Stars aus „Big Bang Theory“, dabei zuzusehen, wie sein Gesicht zwischen Betroffenheit und Belustigung changiert und er kaum an sich halten kann, bis das Lachen am Ende dann doch herausplatzt.

Florence Foster Jenkins gilt als schlechteste Opernsängerin aller Zeiten. Sie hielt sich für begabt, traf aber keinen Ton. Sie glaubte, die Leute glücklich zu machen. Und das tat sie ja auch. Aber nur, weil die Leute über sie lachten. Dennoch ist ihr Name bis heute legendär. Und eine Aufnahme von ihr die meistabgespielte, die in der Carnegie Hall je aufgenommen wurde. Umso erstaunlicher, dass lange keiner auf die Idee kam, einen Film über die exzentrische Dame zu machen.

Das wird nun umso intensiver nachgeholt: mit gleich drei Filmen innerhalb eines Jahres. Den Anfang machte im Oktober 2015 „Madame Marguerite oder Die Kunst der schiefen Töne“ mit Catherine Frot, ein französischer Film, der die Geschichte jedoch in fiktive Figuren und nach Paris verlegt. Vor zwei Wochen erst startete dann „Die Florence Foster Jenkins Story“, ein Dokudrama, bei dem Experten zu Wort kamen und Opernsängerin Joyce DiDonato in den Spielszenen die Jenkins gab. Nun kommt als letztes „Florence Foster Jenkins“ – und es ist mit Abstand der beste Film. Denn er hat nicht nur den meisterlichen Stephen Frears zum Regisseur, sondern vor allem Meryl Streep zum Star. Die hat schon mehrfach bewiesen, dass sie singen kann, von „Mamma Mia“ bis zur Rockerkomödie „Ricki“. Jetzt beweist sie, dass sie sogar mit schrillen Tönen zum Brüllen komisch und ein echter Heuler ist. Frears gelingt dabei der Balanceakt, die Figur nicht ins Lächerliche zu ziehen und doch die Absurdität herauszukitzeln. Im Gegensatz zu seiner Protagonistin gelingen dem Regisseur dabei immer die richtigen Töne.

Eine Frau, die partout nicht singen kann, sich aber für begabt hält. Und ein Mann, der sich ein Leben lang darum kümmert, dass nur zugeneigte Freunde in den „Genuss“ dieses Gesangs kommen. Bis sich seine Frau in den Kopf setzt, ein Benefizkonzert in der Carnegie Hall zu geben und dafür Tausende von Karten an Kriegsheimkehrer zu verschenken.

In einem Augenblick, in dem die Jenkins sich selber singen hört, darf Meryl Streep übrigens ganz kurz einmal beweisen, dass sie durchaus richtig singen kann. Opernsängerin, das war ja auch mal ihr Traum.

„Florence Foster Jenkins“ GB/F 2016, 110 Minuten, ohne Altersbeschränkung, Regie: Stephen Frears, Darsteller: Meryl Streep, Hugh Grant, Simon Helberg, täglich im Abaton (OmU), Blankeneser, Koralle, Passage, UCI Mundsburg