„Greatest Hits“ – auf CD gepresst – bedeutet in der Regel eine Sammlung von erfolgreichen Songs des jeweiligen Interpreten. Es ist für den Konsumenten fast eine Garantie, dass er bei einem Kauf nichts falsch machen kann. „Greatest Hits“ heißt auch das Festival für Zeitgenössische Musik, das die Elbphilharmonie, Kampnagel und der NDR vom 17. bis 20. November auf Kampnagel und in der Hochschule für Musik und Theater über die Bühnen gehen lassen. Allerdings ist dieses Festival das Gegenteil eines schnell konsumierten Drei-Minuten-Songs. Es lädt zur Auseinandersetzung mit Neuer Musik ein, die „Zugang zu einem reichen akustischen Universum bietet“, wie die drei Intendanten und Orchesterleiter im Vorwort zu der viertägigen Veranstaltungsreihe schreiben.

Amerika steht in diesem Jahr im Fokus der „Greatest Hits“. Schwerpunkt des bereits vierten Festivals sind die Werke der Komponisten John Cage und Morton Feldman, beide sind Pioniere der Musik im 20. Jahrhundert. Für Cage etwa bedeutet Musik nicht auf Instrumenten gespielte Töne, sondern jeglicher Klang. Das Brummen eines Staubsaugers genauso wie Wasserplätschern oder das Stakkato einer Dampframme. Jedes Geräusch kann Musik sein. Aufnahmen von ihm und anderen Neutönern legt man sich in der Regel nicht zu Hause bei einem Glas Rotwein zur Entspannung auf. Neue Musik muss man nicht nur hören, man muss sie auch sehen. Das Auge hilft, die erzeugten Klänge zu verstehen. Konzerte sind der ideale Rahmen, um sich die Tür zu Neuer Musik aufzuschließen. Dahinter wartet ein Kaleidoskop an Klängen.

Beim (inoffiziellen) Auftakt am Donnerstag, 17.11. (18.30 Uhr), lässt das Calder Quartet in Halle k2 (Eintritt frei) Feldman direkt auf Pierre Boulez treffen. Und ­diesmal kommen zwei der international herausragenden Avantgarde-Ensembles zum Festival. Am 17.11. (19.30 Uhr) spielt das Ensemble Intercontemporain unter Leitung von Matthias Pintscher beim Eröffnungskonzert ein Stück des Dirigenten und „Sur Incises“ von Pierre Boulez. Der französische Komponist, Anfang dieses Jahres im Alter von 90 Jahren gestorben, hat das Ensemble Intercontemporain gegründet. Das Orchester hat in der Vergangenheit unzählige Werke uraufgeführt.

Aus den USA stammen die Musiker von Bang On A Can. Am 18.11. spielt die Gruppe Stücke ihres Albums „Field Recordings“. Dafür haben Komponisten aus verschiedenen Genres Stücke geschrieben, auch von Bryce Dessner, Gitarrist der New Yorker Rockband The National, von Steve Reich, dem wichtigen Vertreter der Minimal Music, und vom Electro-Künstler Tyondai Braxton. Auf ein spannendes Projekt haben sich die Streicher des Hamburger Ensemble Resonanz eingelassen: Am 19.11. verstärken sie sich mit sechs E-Gitarristen und führen auch ein Werk des mitwirkenden US-Gitarristen Elliott Sharp auf. Sharp bewegt sich im Dreieck aus Jazz, Rock und Neuer Musik und gehört zur freien New Yorker Szene.

16 Konzerte umfasst das komplette Programm inklusive des Morton-Feldman-Marathons. Dahinter verbirgt sich die fünf Stunden dauernde Aufführung von dessen nur selten aufgeführtem Streichquartett Nr. 2. Sich zwischendurch die Beine zu vertreten ist gestattet.

„Greatest Hits“ Do 17.11. bis So 20.11., Kampnagel, Jarrestraße 20; Festivalpass 69 Euro, Einzeltickets 9 bis 25 Euro