Die Wege, die Menschen nach Deutschland und speziell nach Hamburg führen, sind manchmal schwer bis unergründlich, oft leidvoll oder auch mal leicht nachvollziehbar. Für viele wird die Hansestadt zur Heimat – am besten im interkulturellen Dialog. Derart arbeitende Künstler sind Teil einer modernen Großstadtkultur. Wie anregend dieses Miteinander sein kann, zeigt sich komprimiert auf zehn Herbsttage seit 2000 alljährlich beim „eigenarten“-Festival.

Auch die 17. Auflage vom 27. Oktober bis 6. November bietet wieder eine bunte Mischung aus Musik, Theater, Tanz, Performance und bildender Kunst, erlebbar in 40 verschiedenen Programmpunkten und drei Ausstellungen. „Es sind jetzt auch viele Jüngere zwischen 20 und 30, die sich bewerben“, sagt Judy Engelhard, die das Festival seit Beginn mit Kai Peters organisiert. Ob des beherrschenden Themas des vergangenen Jahres handeln sechs Produktionen direkt und indirekt von Flucht respektive der Situation Geflüchteter. Zum Ausdruck kommt das auch bei der Eröffnung am Donnerstag, 27.10., um 19.30 Uhr in der Zinnschmelze (Maurienstr. 19, Eintritt frei): Dort spielen außer der Gipsy-Band Les Hommes du Swing drei Akteure Auszüge aus „Sonnenblumenhaus“. In dem Stück versucht Regisseur Dan Thy Nguyen, Sohn vietnamesischer Boat-People, aus der Sicht von Überlebenden die von Anwohnern befeuerten Neonazi-Pogrome 1992 in Rostock-Lichtenhagen theatral zu verarbeiten. Es ist am 28. und 29.10. (jew. 20 Uhr) in der Zinnschmelze auch komplett zu sehen.

Das im Vorjahr sanierte und erweiterte Stadtteilkulturzentrum zählt nach längerer Pause wieder zu den Festivalorten. Neu dabei sind die Immanuelkirche auf der Veddel (am 4./5.11.) mit dem interkulturellen Jugendensemble Inner Rise und dem Projekt „Survivor oder Ich bin’s Baby“, das Kukuun am Spielbudenplatz mit Konzerten von Nachtschaden am 1. und Les Hommes du Swing am 6.11. (jew. 20 Uhr), aber auch die Seemannsmission und die Türkische Gemeinde Hamburg.

„Und Flucht ist nur ein Thema“, sagt Judy Engelhard. „Es geht auch darum: Wie leben wir in einer Gesellschaft zusammen?“ Stichwort Integration. In der Performance „Eckis“ geht Anatoly Zhivago mit Tänzerin Melisa Calero am 30.10. im Goldbekhaus eine freche Liaison von Tanz, Theater und bildender Kunst ein. Ebenfalls in Winterhude zeigt es das junge multikulturelle Ensemble Contrahera am 3. und 4.11. (jew. 20 Uhr) tänzerisch.

Im Vorjahr bewegte „eigenarten“ so 6000 Besucher, die teils nicht nur neue Künstler, sondern auch für sie neue Stadtteile entdeckten. Bei einem Budget von 68.000 Euro – 60.000 kommen von der Kulturbehörde – für die reiche Stadt Hamburg ein kultureller Klacks.

eigenarten Interkulturelles Festival Hamburg Do 27.10. bis So 6.11., diverse Spielorte, Infos und Karten unter T. 43 28 07 67