Drei Schlagzeuger! Nicht etwa im Hintergrund, sondern frontal auf der Bühne positioniert. Dazu eine Band im Distinguierte-ältere-Herren-Outfit: dunkle Anzughose, weißes Hemd, Krawatte, Weste. Schon bevor der erste Ton erklingt, ist klar: King Crimson ist keine Progressive-Rockband wie jede andere. Für die jeweils zwei Auftritte in Stuttgart und Berlin waren Fans aus ganz Deutschland angereist. Auch Polnisch, Dänisch oder Französisch wurde im Foyer des Berliner Admiralspalasts gesprochen. Was wenig verwundert, denn Bandkopf Robert Fripp und seine aktuellen Mitspieler waren viele Jahre nicht mehr live zu erleben. Und eine Tour wie diese gab es schon mal erst recht nicht.

Wurde in den vergangenen Jahrzehnten in der Regel hauptsächlich der Stoff des gerade aktuellen Albums gespielt und der Wunsch nach Klassikern der Bandgeschichte als „rückwärtsgewandt“ abgeschmettert, ist nun plötzlich alles anders. Es regnet die legendären King-Crimson-Nummern – und das nicht erst im Zugabenblock. Ob „Epitath“ oder „Easy Money“, ob „In The Court Of The Crimson King“ oder „Larks’ Tongues In Aspic“, ob „Starless“ oder „21st Century Schizoid Man“ – es ist alles dabei. Und das nicht etwa routiniert runtergerissen, sondern mit einer Intensität und technischen Perfektion gespielt, dass man gelegentlich versucht ist, sich zu kneifen. Ist das alles nur ein Traum? Oder geschieht das gerade wirklich? Da ist sie tatsächlich wieder, diese legendäre Band, auch nach fast 50 Jahren im Musikgeschäft noch auf der Höhe der Zeit und Vorbild für so viele, die danach gekommen sind.

In Berlin war der Sound glasklar, vor allem das Zusammenspiel der drei Schlagzeuger (Gavin Harrison, Jeremy Stacey und Pat Mastelotto) begeisterte immer wieder, manches erinnert in seiner filigranen Finesse an indonesische Gamelan-Musik, das lange Solo von Gavin Harrison riss auch alle jene von den Sitzen, die so etwas normalerweise für das Böse in der Musik halten. Und dann ist da natürlich Robert Fripp, dieser Elder Statesman, der im Hintergrund auf einem Stuhl sitzt und seiner Gitarre die unwahrscheinlichsten Läufe und Riffs entlockt. Keine Rampensau, aber ein Qualitätsgarant, jeden Abend wieder.

Parallel zur Tour ist mit „Radical Action To Unseat The Hold Of Monkey Mind“ ein Dreieralbum erschienen, das einen guten Einblick in den aktuellen Leistungsstand der Band gibt. Liveaufnahmen, von allen Publikumsgeräuschen bereinigt, die zeigen: Diese Band war vermutlich nie besser als jetzt, im Jahr 2016, zwei Jahre vor ihrem 50. Geburtstag. Und anders als viele Zeitgenossen fährt sie nun auch den verdienten Lohn ihrer Pionierarbeit ein: umjubelte Konzerte und hymnische Rezensionen immer neuer Boxsets mit Archivaufnahmen. Wie gesagt: King Crimson ist keine Band wie jede andere.

King Crimson Mo 3.10., 20 Uhr, Mehr! Theater am Großmarkt, Banksstraße 28, Karten zu 51,75 bis 104,65 Euro im Vorverkauf und an der Abendkasse