Morgens Probe, nachmittags Text lernen, abends wieder Probe. Man kann sich den Kraftakt durchaus vorstellen, den Wolf-Dietrich Sprenger hinter sich hat, wenn morgen die Premiere seiner Inszenierung „Nathan der Weise“ über die Bühne des Ernst Deutsch Theaters geht. „Sicher an die hundert Mal“ habe er das Stück dann gelesen, sagt der fast 74 Jahre alte Schauspieler und Regisseur, der nach einem Herzinfarkt seines ursprünglich geplanten Hauptdarstellers Markus Boysen neben der Regie auch die Titelrolle übernahm. „Mir blieb sozusagen nichts anderes übrig“, lächelt Sprenger, und gesteht, dass er eigentlich schon bei der Regie-Anfrage für das Stück gedachte habe: „Ach, diese alte Chose ...“

Dann aber beschäftigte er sich intensiv und neu mit Lessings Stoff: „Vieles muss man heute nicht mehr diskutieren. Aber die politische Brisanz ist offensichtlich.“ Der „Nathan“ mit seiner Ringparabel ist das Stück der Stunde. Nachdem das Thalia in seiner kleinen Garage in der Gaußstraße zum Spielzeitauftakt die eher spielerische, leicht überdrehte Nachwuchsinszenierung „Nathan die Weise“ gezeigt hatte, will sich Sprenger nun sehr an Lessings Sprache orientieren. Ein realistisches Bühnenbild gebe es bei ihm nicht; sein Bühnenbildner Achim Römer, mit dem Sprenger eine jahrzehntelange freundschaftliche Arbeitsbeziehung verbindet, hat Symbole der drei großen Weltreligionen in die Bühne gehängt. Und nebenbei auch auf das Spiel des Freundes geachtet: „Wir haben nun 45-mal hintereinander zusammen gearbeitet“, sagt Sprenger. „Er schaut sehr genau.“

Religiös sei er selbst übrigens nicht, erklärt der Regisseur, jedenfalls: kein Kirchenmitglied mehr. „Aber ich glaube an das sogenannte Gute.“ Der „Nathan“, so scheint es, ist bei ihm sehr gut aufgehoben.

Nathan der Weise Do 29.9., 19.30 Uhr, Ernst Deutsch Theater, Friedrich-Schütter-Platz 1, Karten 22 bis 42 Euro