Dort, wo die Geschichte mit ihrem langen Atem für sich selbst spricht, wo große Baumeister erhabene Architektur geschaffen haben oder Industrie-Designer der Welt des Geldes eine wuchtige Gestalt gaben, findet der international gefragte Fotograf Christian Voigt seine bevorzugten Motive. In altehrwürdigen Bibliotheken und Museen oder einem alten Chicagoer Bankhaus, da kann sich der Wahlhamburger richtig festbeißen, es entstehen große Serien, und bis ein Foto so aussieht, dass es ihm gefällt, kann schon mal ein Jahr vergehen. In der Hamburger Galerie sind jetzt unter anderem Werke aus Prag und Chicago ausgestellt. Die meisten dieser atemberaubenden Panoramen sind 2,50 Meter breit.

Die Decke der Prager Barock-Bibliothek im Klementinum ist überwölbt von einem illusionistischen Gemälde, links und rechts lagern Jahrhunderte alte Bücher in von gedrehten Holzsäulen flankierten Regalen, und in der Mitte reihen sich wertvolle Globen und Uhren aneinander. Hier hat Christian Voigt Fotos gemacht, von der Leiter aus oder auf dem Bauch liegend.

Stets fotografiert er analog und ausschließlich mit vorhandenem Licht. Doch was seine fertigen Bilder am Ende bündeln, ist oft genug auf den üblichen Fotos derselben Motive nicht auf einmal zu sehen, schon gar nicht mit einer ähnlichen Tiefenschärfe. Innerhalb der Möglichkeiten eines zweidimensionalen Bildes gelingt ihm eine Art 3-D-Effekt. Voigt bearbeitet die Fotos hinterher am Computer „sehr langwierig“ so, dass eine märchenhafte Hyperrealität entsteht. Ein Bild, das oft noch schöner, prächtiger, geheimnisvoller ist als das Original. Auch wenn das auf die Prager Barockbibliothek nicht zutrifft.

„Wie andere Fotografen auch, fotografiere ich 80 Prozent für den Mülleimer. Das Aussuchen und das Entwickeln meiner Bildsprache ist sehr zeitaufwendig“, sagt der Fotograf. Am Ende geht es ihm um visuellen Genuss und darum, „das Maximale rauszuholen.“ Die vorgefundenen Lichtverhältnisse verdichtet er zu einer gewissen Dramatik: „Ich will den Effekt erreichen, dass die Leute stehen bleiben und die Fotos auf sich wirken lassen.“

Seine Architektur-Panoramen sind meist menschenleer, so dass Säulen, Vertikalen, Horizontalen, Durchblicke, Lichtquellen, Material und Zeitspuren im Rhythmus der Blickbeziehungen zusammenklingen. Sie regen dazu an, sich zu diesen viel genutzten Orten Geschichten, Geräusche, Figuren auszudenken. Das scheint auch Christian Voigt zu tun: „Ich versuche, meine eigene Suppe zu kochen“, sagt der Fotograf dazu, „ich leb’ da in meiner eigenen Welt.“

„Inner Landscapes“: Christian Voigt Mo 26.9., 11 bis 18 Uhr, Die Hamburger Galerie, Mittelweg 161; die Ausstellung läuft bis zum 6.10., montags bis freitags von 11 bis 18 Uhr