Klingt nach einem weiblichen Albtraum: Da verlässt sie endlich diese Trantüte von Lebensgefährten, der seit Jahren seinen Allerwerten nicht hoch bekommt. Und dann ist es die eigene Mutter, die den abgelegten Mann auffängt und umsorgt. Während es ihr selbst überraschenderweise noch schlechter geht als vorher.

Diese Carola ist wahrlich nicht zu beneiden. Der Leser des bösen und komischen Romans, der diese Geschichte erzählt, aber durchaus – für die kurzweilige Lektüre. „Außer uns spricht niemand über uns“ heißt der neue Roman von Büchnerpreisträger Wilhelm Genazino. Er stellt ihn heute im Literaturhaus vor.

Man hat die Bücher Genazinos einmal als „Depressionsprosa“ bezeichnet, als verlässliche Schlechte-Laune-Macher. Das stimmt insofern, als der männliche Großstadtbewohner, Arbeitnehmer und Liebespartner, der in Genazinos Romanen meist die Hauptrolle spielt, stets ein irgendwie beleidigter, milde resignativer Zeitgenosse ist. Man könnte jedoch auch viel freundlicher sagen, dass Genazino, dessen berühmte „Abschaffel“-Trilogie Ende der Siebzigerjahre erschien und den Arbeitsort Büro nachdrücklich in der deutschsprachigen Literaturgeschichte verankerte, der potenzielle (oder tatsächliche) Lieblingsautor all der Zeitgenossen ist, die Pessimismus für Realismus halten und umgekehrt.

Genazino, 1943 in Mannheim geboren, veröffentlicht alle zwei, drei Jahren einen neuen schmalen Roman, der seine nicht wenigen Fans mit immer derselben Geschichte der milden Griesgrämigkeit wegen des Lebens, das nun mal so ist, wie es ist, immer aufs Neue unterhält. Denn unterhaltsam ist das Werk Genazinos fraglos. Es nimmt all die in den Blick, denen nichts Aufsehenerregendes passiert. Vielleicht sind wir das alle, mehr oder weniger.

Wilhelm Genazino Di 23.8., 19.30 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38, Eintritt 12, ermäßigt 8 Euro