„Krummwüchsige Gedanken und erstaunliche Einfälle“ soll selbst gebrannter Mirabellenschnaps angeblich hervorrufen. Zumindest, wenn es nach Siegfried Lenz geht, der das 1975 in seinem Erzählband „Der Geist der Mirabelle“ geschrieben hat. Ganz so lang ist Pierre Moisonnier mit seinem Restaurant La Mirabelle noch nicht in der Bundesstraße, aber er steht auch schon viele Jahre lang für feine französische Küche und ein stilvolles Ambiente.

Etwas zum Lesen kann man bei ihm übrigens auch bekommen, aber das ist eigentlich nicht nötig, denn die Wartezeit auf die freundliche Bedienung und die Gerichte ist an diesem Abend extrem kurz. Das Restaurant hat noch nicht lange geöffnet, der Service freut sich offenbar mit der Arbeit beginnen zu können.

Der Gruß aus der Küche fällt sehr fruchtig aus und besteht aus dem Mark einer Cantaloupe-Melone, versetzt mit einem Schuss Portwein. Dazu empfiehlt die Bedienung einen Syrah Rosé aus dem Languedoc. Das passt.

Die Vorspeise besteht aus Rinder­tatar mit einem pochierten Wachtelei auf Schwarzbrot, umgeben von kleinen Senfinseln, auf denen Kapern und andere Leckereien thronen. Das Fleisch könnte etwas entschiedener angemacht sein. Das frische Gegengewicht auf dem Teller bilden Pflücksalate mit Blüten und einer feinen Ananasvinaigrette.

Der Hauptgang, ein Schweinefilet Iberico, wird mit einem kühlen roten Südfranzosen aus Nîmes serviert. Das Fleisch schmeckt wunderbar würzig. Es wird begleitet von Mairübchen, Kümmelschmand und ergänzt von einer Rhabarber-Balsamico-Soße. Meine Begleitung entschied sich für den Fisch des Tages, einen Adlerfisch, der auf der Haut gebraten war und köstlich schmeckte. Er ruhte auf einer Ratatouille und kam mit einer nicht unbedingt notwendigen Portion Tapenade daher.

Zum Dessert empfahl der Service einen süffig-fruchtigen Pinot Gris aus dem Elsass. Man konnte unter mehreren Dessertvariationen wählen. Eine besondere Attraktion ist aber der mit 40 verschiedenen Sorten bestückte Käsewagen. Bei der Auswahl wird man fachkundig beraten. Wer dort nicht fündig wird, ist selbst schuld. Eine große Auswahl kann das La Mirabelle auch beim Wein anbieten. Natürlich französisch und mit den entsprechenden Empfehlungen vom Service.

Die Preise für das Drei-Gänge-Menü variieren zwischen 33 Euro am Wochenanfang und 42 Euro am Wochenende. Bei vier und fünf Gängen wird es entsprechend teurer. Das ist sicher nicht gerade preiswert, aber durchaus angemessen, denn das geschmackliche Niveau der Gerichte war ebenfalls hoch, die Atmosphäre im Restaurant angenehm unaufdringlich.

Zum Abschluss tranken wir noch einen Mirabellenschnaps aus dem kleinen Eichenfässchen – eine Spezialität des Hauses. Krummwüchsige Gedanken haben sich danach bisher erfreulicherweise nicht eingestellt. Für erstaunliche Einfälle bleiben wir hoffentlich auch weiterhin offen.

Le Mirabelle Bundesstraße 15, dienstags bis sonnabends ab 18 Uhr, T. 410 75 85