Muss ein Artikel über die chinesische Pianistin Yuja Wang die Worte „hauteng“ und „High Heels“ enthalten? Er muss wohl. Nicht weil die Begriffe dem jeweiligen Verfasser so wichtig wären. Sondern weil sie, aus welchen Gründen auch immer, mit Wangs Namen so eng verbunden sind, dass die Erwähnung redlicherweise geboten ist. Womit Frau Wangs Marketingkonzept ein weiteres Mal Genüge getan wäre. Und vielleicht ist es ihr ja persönlich auch recht.

Vielleicht auch nicht. Vielleicht möchte sie noch lieber um ihrer genuin künstlerischen Leistung willen erwähnt werden. Das legt jedenfalls das Programm ihres Klavierabends vom heutigen Dienstag nah. Zuletzt war Wang im vergangenen Jahr mit dem berüchtigt schweren 3. Klavierkonzert von Rachmaninow in der Laeiszhalle zu Gast. Doch statt ein weiteres Mal unter Beweis zu stellen, dass es für sie in puncto Virtuosität schlicht kein Höhenlimit zu geben scheint, hat Wang Werke der deutschen Romantik ausgesucht, deren spieltechnische Anforderungen sich aus dem musikalischen Gehalt ergeben. Und der fordert die Interpreten erheblich, was die Gedankentiefe der Gestaltung betrifft.

Die Auswahl mag erstaunen bei einer Pianistin, deren zuverlässigster Hit immer noch der mutmaßlich schnellste „Hummelflug“ der Welt ist. Wang hat aber, bevor sie als 14-Jährige von Peking nach Kanada ging, viel deutsches Repertoire studiert, wie sie vor ihrem Debüt bei den Berliner Philharmonikern dem Soloklarinettisten Andreas Ottensamer in einem Interview erzählt hat. Erst dort habe sie die russische Musik kennengelernt. „Die war so viel einfacher, machte viel mehr Spaß zu spielen und mehr Eindruck beim Publikum!“

Wang kehrt also gleichsam zu ihren Wurzeln zurück. Auf ihrem Programm stehen die Balladen op. 10 Nr. 1 und 2 von Brahms, die „Kreisleriana“-Fantasiestücke op. 16 von Schumann und die „Hammerklaviersonate“ op. 106 von Beethoven, eins der Gipfelwerke schlechthin der gesamten Klavierliteratur. Und dass der Veranstalter sich auf seiner Website auf ihren „extravaganten Auftritt“ freut – das mag jeder verstehen, wie er mag.

Yuja Wang Di 21.6., 19.30 Uhr, Laeiszhalle, Johannes-Brahms-Platz, Karten zu 20,- bis 60,- unter T. 35 76 66 66