Bevor er so richtig erfolgreich wurde, schlug James Morrison sich mit schlecht bezahlten Jobs durch und tingelte abends durch Pubs, wo er Songs von Soulsängern wie Otis Redding und Al Green coverte. Auf seinen ersten beiden Alben wurde er schnell in die Schublade des Schmusebarden gesteckt, doch auf „The Awakening“ (2011) und seiner aktuellen Platte „Higher Than Here“ (2015) besinnt der britische Sänger sich wieder mehr auf seine afroamerikanischen Vorbilder.

„Right Here“ groovt wie Hulle, „Easy Love“ ist tanzbarer Neo-Soul und auch „I Need You Tonight“ besitzt ganz viel Soul. Die Nummern klingen zwar etwas retro, aber Morrison verfügt über eine warme Stimme und umwerfenden Charme. Der Anteil weiblicher Zuhörer dürfte am 9. Juni im Stadtpark deutlich höher ausfallen als der männlicher. Morrison ist der Klassiker für: „Heute gehe ich mit meiner besten Freundin aus und Du darfst Fußball gucken.“ Allerdings einen Tag zu früh, denn die EM beginnt ja erst am 10. Juni.

Morrison ist nicht bange davor, über Probleme und Ängste zu singen

Entdeckt wurde Morrison nicht etwa in der Metropole London, sondern in Ryan’s Bar in Derby bei den wöchentlichen Open-Mic-Abenden. 2005 war da ein Scout von dem damals 21 Jahre alten Sänger und Gitarristen so angetan, dass Morrison sofort einen Vertrag erhielt. Eine steile Karriere begann. Viereinhalb Millionen Alben hat James Morrison inzwischen verkauft; „The Awakening“ schaffte es auf Platz eins der britischen Charts, der Nachfolger kam noch auf Platz drei.

„The Awakening“ war schon deutlich düsterer als die ersten beiden Platten mit ihren Liebesballaden. In den Songs „6 Weeks“ und „In My Dreams“ beschäftigt Morrison sich unter anderem mit dem Tod seines alkoholkranken und depressiven Vaters. Er selbst sagt über „The Awakening“, dass dieses eigentlich sein erstes Album sei, weil es erwachsener sei als die beiden Vorgänger. Ganz durch ist er mit seiner Vergangenheitsbewältigung noch nicht. Auf „Higher Than Here“ gibt es einen Song mit dem Titel „Demons“, mit dem Morrison tief in seine Gefühlswelt eintaucht. Morrison gehört zu den Künstlern, die nicht bange davor sind, über persönliche Probleme und Ängste zu schreiben und zu singen.

Als er sein neues Programm in London vorstellte, waren Fans und Kritiker sich einig und bescheinigten Morrison, live besser gewesen zu sein denn je. Und Hits hat er auch eine ganze Reihe zu bieten: „You Make It Real“, „Wonderful World“ und „Broken Strings“, im Duett mit Nelly Furtado aufgenommen, sind drei Beispiele für einen wundervollen Konzertabend unter freiem Himmel.

James Morrison Do 9.6., 19Uhr, Stadtpark, Saarlandstraße, Karten 48,60 Euro an der Kasse