Abschiede, so traurig sie oft sind, haben oft auch etwas von Neuanfang. 2012 trat die bayerische Combo Biermösl Blosn, die mit ihrer subversiven Volksmusik mehr als drei Jahrzehnte lang, Mächtige und Engstirnige aufs Korn genommen hatte, von der Bühne ab. Bekannt geworden waren die drei Brüder Hans, Michael und Christoph Well im Norden vor allem dank ihrer Auftritte mit Gerhard Polt.

Der bayerische Satiriker („Fast wia im richtigen Leben“, „Scheibenwischer“/jeweils ARD) seinerseits gastierte im Hamburger St. Pauli Theater zuletzt im November 2013 mit dem Programm „Braucht’s des?!“ – in jener Woche, als sein Freund und Förderer Dieter Hildebrandt, die bundesdeutsche Kabarett-Legende, in München starb. hatte dem Vernehmen nach noch mit dem St-Pauli-Theater-Intendanten Ulrich Waller bis in die Nacht hinein versucht, gegen Hildebrandts Tod anzutrinken.

Nüchtern betrachtet gilt, dass Gerhard Polt, am 7. Mai auch schon 74 geworden, an diesem Mittwoch und Donnerstag beim Hamburger Kabarettfestival zwei seiner seltenen Gastspiele gibt. An seiner Seite: die Well-Brüder aus’m Biermoos, zu der sich außer den Ex-Biermösl-Blosn-Mitgliedern Christoph und Michael noch ihr Bruder Karl Well (Guglhupfa) gesellt hat. Gemeinsam bieten die vier „Gehobene Unterhaltung mit humanitärem Beigeschmack“. Noch immer verkörpert Polt, 2012 mit dem Sonderpreis beim Kulturpreis Bayern ausgezeichnet, das bayerische Mannsbild, vielmehr dessen satirisches Abbild. Von der Bühne herab blickt er den kleinen Leuten, den Spießbürgern, tief in die Seele, und mithilfe seiner Multiinstrumentalisten bläst er „denen da oben“ gehörig den Marsch.

Kabarettprogramm auch im Lustspielhaus und im Politbüro

Der Hamburger Marcel Kösling singt auch, verbindet in seinem Kabarettprogramm „Keine halbe Sachen!“ – Untertitel: „oder: Die Kunst, Frauen zu zersägen“ – heute im Lustspielhaus aber auch Zauberei mit Parodie. Noch eine andere Art Allround-Satiriker ist René Sydow. Der Autor, Poetry-Slamer, Kabarettist, Schauspieler und Regisseur vom Bodensee, bereits mehrmals in „Die Anstalt“ (ZDF) zu Gast, erhielt für sein erstes Soloprogramm „Gedankenlos“ gleich elf Kleinkunstpreise. In seinem zweiten, „Warnung vor dem Munde!“, das er heute im Polittbüro gibt, geht er dem Irrsinn in Politik und Fernsehen auf den Grund. Und live – das gilt ja immer für fähige Kabarettisten – ist es bei ihnen im Saal allemal an- und aufregender als allein oder zu zweit vor dem Bildschirm.

„Gehobene Unterhaltung mit ... “ HH-Premiere Mi 18./Do 19.5., jeweils 20 Uhr, St. Pauli Theater, Spielbudenplatz 30, Karten zu 16,70 bis 42 Euro in allen HA-Ticket-Shops unter T. 30 30 98 98 „Keine halben Sachen!“ mit CD-Release Mi 18.5., 20 Uhr, Lustspielhaus, Ludolfstraße 53, Karten zu 10 bis 24,50 Euro unter T. 55 56 55 56 „Warnung vor dem Munde!“ HH-Premiere Mi 18.5., 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45, Karten zu 15, ermäßigt 10 Euro unter T. 28 05 54 67