Es existieren Orte, die lösen direkt nach Betreten dieses ­Gefühl aus: Hier ist alles in Ordnung. Und zwar gerade nicht, weil es an diesen Orten besonders geordnet zuginge. Im Gegenteil. Dieses spezielle Gefühl entsteht, weil diese Orte über den Alltag hinausweisen. Weil sie dem Impulsiven, dem Leben, der Kunst Raum ­geben. Das Molotow auf St. Pauli – nach zwei Umzügen mittlerweile am Nobistor in der ehemaligen China Lounge beheimatet – ist solch ein wunderbar magischer wie wilder Ort.

Der Journalist und passionierte Pop-Fan Sebastian Meißner hat dem Musikclub, der jüngst 25. Jubiläum feierte, ein tolles Fotobuch gewidmet, das jetzt im Junius Verlag erscheint. Die Veröffentlichung dieser 160 Seiten starken Schwarz-Weiß-Doku wird mit einer Party am heutigen Donnerstag zelebriert. Im – na klar – Molotow.

Die fiebrige Begeisterung und das dunkle Irrlichtern, das Konzerte in diesem Rockschuppen häufig hervorbringen, sind bereits auf dem Cover von „Molotow – das Buch“ zu spüren. Zu sehen ist da das Publikum, wie es schreit und schwitzt. Eine Euphorie, die auf dem Kiez Tradition hat. Flott führen die ersten Seiten in die Geschichte der Amüsiermeile Reeperbahn ein, in ihre ­Höhen und Tiefen. Querverweise auf die Beatles-Bühnen Indra und Star-Club kommen nicht von ungefähr, gilt doch auch das Molotow als Entdecker-Institution, wo Bands wie The Killers, Mando Diao oder Mumford & Sons frühe Auftritte absolvierten. Legendär ist der Backstage-Bereich an der ersten Adresse im Keller am Spielbudenplatz: ein Verschlag direkt neben der Frauentoilette, von wo aus sich die Künstlergespräche mitanhören ließen. Beim ersten Konzert am 4. Juni 1990, einem Auftritt der schottischen Indie-Band Teenage Fanclub, waren lediglich zwölf zahlende Gäste anwesend. Seitdem hieß es aber oft genug: „Ausverkauft!“

Zahlreiche Fotos in diesem wunderbar zeitkolorierten Buch künden von der Intensität, die der Rock ’n’ Roll in der engen Kaschemmigkeit des ­Molotow entfalten konnte. Und kann. Maximo-Park-Frontmann Paul Smith im ekstatischen Sprung. Sängerin Beth Ditto schweißnass. Wandas Michael Marco Fitzhum erschöpft am Bühnenboden. Und immer wieder tanzendes Partyvolk, gehobene Arme, fliegende Haare, überglückliche Gesichter.

Spannend auch die Texte, die das Werk abrunden – etwa ein Interview mit Betreiber Andi Schmidt, dazu Kurzporträts ähnlich bedeutender Clubs und ein Gastbeitrag von FC-St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich.

Hinzu kommen zahlreiche Treue-Bekundungen und Anekdoten von Künstlern wie The Raveonettes, The Wombats, Friska Viljor, Kettcar, Wir sind Helden und Jan Delay.

Die Band Madsen sagt über dieses ganz besondere Molotow-Gefühl: „Es gibt keine Grenze zwischen Band und Publikum. Dadurch ist alles echt, live eben.“

„Molotow – das Buch“ Release-Party mit den Indie.Aner-DJs Do 17.3., 21 Uhr, Molotow, Nobistor 14, Eintritt frei Das Buch ist im Junius Verlag erschienen und für 24,90 Euro im Buchhandel, im Onlineshop unter www.abendblatt.de/shop oder unter T. 33 36 69 99 (Preis zzgl. Versandkosten) erhältlich