Der böse Rotbart trägt schwarzes Leder, faltet und streckt seine langen Gliedmaßen und kriecht spinnenartig durch eine finstere Hafengegend. Es gehört Fantasie dazu, sich hier den Klassiker des Ballettklassikers schlechthin, „Schwanensee“ vorzustellen. Jenes ach so romantische Märchen vom Prinzen, der sich in eine Schwanenprinzessin verliebt. Die Schöne ist jedoch von einem bösen Zauberbann belegt, den nur wahre Liebe durchbrechen kann. Peter Iljitsch Tschaikowsky brachte den "Schwanensee" 1895 zur Uraufführung. Seither wird er mit viel märchenhafter Kulisse, Tutu und anschwellenden Geigengesang getanzt.

Der schwedische Tänzer und Choreograf Fredrik Rydman hat aus dem Stoff eine kühne Streetdance-Version kreiert, die seit der Premiere im Dezember 2011 in Stockholm mit großem Erfolg um die Welt tourt. Vom 9. Bis 14. Februar ist „Swan Lake Reloaded“ zum zweiten Mal in Hamburg zu sehen und zwar im Mehr! Theater am Großmarkt. .

Rydman verlegt das Geschehen sehr passend für Hamburg ins Rotlichtmilieu. Die Schwäne treten als der Drogensucht verfallene Prostituierte auf, der böse Zauberer Rotbart als ihr Zuhälter und Drogendealer. Und natürlich missfällt es ihm, dass der junge gutmütige Prinz nach einer Zufallsbegegnung in dem süchtigen schönen Schwan eine Seelenverwandte entdeckt.

Nicht nur die Story kommt modern daher, die Ballettfiguren sind einem Mix aus Streetdance und zeitgenössischem Tanz gewichen. Die Originalmusik erklingt nur noch zur Hälfte, zum Teil wurde sie elektronisch verfremdet und neu gemischt, die andere Hälfte besteht aus eigens für die Show komponierten Songs von Moneybrother, Salem Al Fakir oder Adiam Dymott.

Das Bühnensetting erinnert an ein modernes Comicmärchen. Die Kostüme sind einfallsreich und auch mal ein wenig bizarr. Getragen wird die Inszenierung von hoch motivierten Tänzerinnen und Tänzer, Absolventen erster Ballettakademien. Ie alle lieben die modernen Hip-Hop- und Streetdance-Styles von Locking über Popping, Breaking bis zu Crumping.

Bei Tschaikowsky kommt es im dritten Akt zum großen Wendepunkt. Der Prinz ist verliebt in Odette und möchte sie zur Braut nehmen, doch Baron Rotbart besucht den Hof in Begleitung von Odile, die Odette aufs Haar gleicht, hinter der sich aber ein verführerischer schwarzer Schwan verbirgt. Häufig werden in der Ballettgeschichte beide Figuren von einer Tänzerin interpretiert. Rydman betont die Tatsache, dass Rotbart seine Tochter als Odile einsetzt. Beide erscheinen gleichzeitig auf der Bildfläche und sind jedoch eindeutig zu unterscheiden. Der Prinz allerdings wird von Rotbart mit Drogen umnebelt, bemerkt die Täuschung nicht und schwört so Odile ewige Liebe.

„Swan Lake Reloaded“ erzählt auch davon, dass in der Realität nicht immer ein rettender Prinz bereitsteht.

Swan Lake Reloaded 9.2. bis 14.2., täglich 20 Uhr, Sonnabend 15 Uhr, 20.00, Sonntag nur 15 Uhr, Mehr! Theater, Hamburger Großmarkt/Banksstraße 28, Karten von 34,90 bis 69,90 Euro unter T. 47 11 06 33