„Mia Madre“ (Meine Mutter) heißt Nanni Morettis neuer Film, der mithin schon im Titel keinen Hehl daraus macht, dass es um autobiografische Erlebnisse geht. Morettis Mutter starb während der Dreharbeiten zu seinem letzten Film, „Habemus papam“. Und so beginnt „Mia Madre“ mit Szenen eines Filmdrehs. Nur dass es hier eine Frau ist, die Regie führt. Aber gleich die ersten Szenen belegen, dass Moretti auch sein weibliches Alter Ego ins bewährt unbeschönigende Licht setzt. Umgeben von einer Schar an willigen Mitarbeitern, erweist sich Margherita (Margherita Buy) als nörglerisch und ewig unzufrieden. Das Leben der 50-Jährigen gerät an allen Ecken und Enden aus den Fugen: Ihr Freund will die Trennung nicht akzeptieren, die Tochter schwächelt in der Schule, der Hauptdarsteller aus den USA (John Turturro) beherrscht seine Dialogzeilen nicht. Und dann beginnt die Ärztin, die die im Krankenhaus liegende Mutter behandelt, davon zu sprechen, dass es „von hier an nur noch in eine Richtung geht“.

Mit bestechender Sachlichkeit, aber auch mit nachsichtiger, sanfter Ironie protokolliert Moretti hier den schmerzhaften Prozess, den längst erwachsene Kinder durchmachen, wenn sie ihre Eltern gehen lassen müssen. Der Film gleicht mehr einem Mosaik der menschlich-alltäglichen Erfahrungen als einer durchgehenden Handlung. Wer Ähnliches selbst schon erlebt hat, wird viel davon wiedererkennen. Die tiefe Verunsicherung am Sterbebett ob der eigenen ­Fähigkeit, Hilfe zu leisten. Die Zweifel, welche Spuren vom eigenen Leben bleiben. Und die Erinnerung an letzte, oft rätselhafte Worte. „Woran denkst du?“, fragt Margherita ihre Mutter noch. „An morgen“, antwortet sie, als wäre es die größte Selbstverständlich­keit.

„Mia Madre Italien/Frankreich 2015, 106 Minuten, ab 6 Jahren. Regie: Nanni Moretti, Darsteller: Margherita Buy, John Turturro, Giulia Lazzarini, Nanni Moretti, täglich außer Montag im Abaton (OmU) täglich im Holi