Mehr als eine halbe Million Menschen wurden Mitte der 60er-Jahre in Indonesien als vermeintliche Kommunisten nach dem Militärcoup ermordet. Für den aufgeklärten Europäer mag das nur ein weiteres Massaker aus den Chroniken des an Massakern reichen 20. Jahrhunderts sein. Joshua Oppenheimer aber gelingt es mit seinem Dokumentarfilm „The Look Of Silence“ das Geschehen von damals aus der Banalität der Statistik herauszuheben. Nicht etwa dadurch, dass er die Grausamkeit der Taten betont, sondern im Gegenteil, indem er die tiefe Menschlichkeit sowohl der Opfer wie der Täter vor Augen führt.

Oppenheimer setzt dabei unmittelbar an seinem Vorgängerfilm, dem Oscar-nominierten „The Act Of Killing“, an. Damals ließ er die Täter vor der Kamera berichten. Als Zuschauer war man fassungslos angesichts der fast lustvollen Willigkeit, mit der die alten Männer ihr Morden bis ins letzte Detail nachinszenierten. Nun verschiebt Oppenheimer den Focus. Hauptprotagonisten des neuen Films sind die Eltern eines der Opfer und deren nachgeborener Sohn,

Deutlich arbeitet der Film die Hierarchie heraus: die Täter sind im heutigen Indonesien angesehene alte Männer, die Angehörigen der Opfer aber müssen sich noch immer bedeckt halten. Dass in den Credits der Großteil der Beteiligten anonym bleibt, spricht hier eine deutliche Sprache.

„The Look Of Silence“ Dänemark/Finnland, Indonesien/Norwegen/Großbritannien 2014, 103 Minuten, ab 12 Jahren, R: Joshua Oppenheimer, täglich im 3001 (Original mit Untertiteln)