Kabarettisten gelten gemeinhin als Trüffelschweine. Und manche sind ihrer Zeit wirklich voraus. Bestes Beispiel: Thomas Reis. Der gebürtige Freiburger tourt seit mehr als 30 Jahren als Satiriker, längst ist er einer der ausdauerndsten, sprachgewandtesten, zynischsten und zugleich komischsten Analytiker hierzulande. „Als die Männer noch Schwänze hatten“, lautete der Titel seines ersten Soloprogramms, ein frecher Gegenentwurf zur Feminismus-Debatte. Von ­seinem bisher erfolgreichsten Kabarettprogramm „Gibt’s ein Leben über 40?“, in dem er seit 2003 in mehr als 600 Aufführungen auch den Fitness-Wahn im Alter aufs Korn nimmt, gibt es inzwischen sogar eine Theaterversion in seiner Wahlheimat Köln.

„Kölle, Allah!“, heißt es dort oder auch mal auf Tournee – ein Ausruf, mit dem Reis schon vor Jahren die Islamismus-Debatte treffend überspitzt hat. Nachdem der Kabarettist, Jahrgang 1963, den Titel seines vorherigen Soloprogramms „Endlich 50!“ alterstechnisch auch übertroffen hat, sagt sich Reis am heutigen Montag in Alma Hoppes Lustspielhaus erstmals „Das Deutsche Reicht“.

Nicht nur weil er im Eppendorfer Kabarett-Theater regelmäßig gastiert, pflegt Thomas Reis nach Hamburg seit Jahrzehnten gute Verbindungen. Im NDR-Magazin „DAS!“ spottete er lange jeden Dienstag mit seinem eigenen satirischen Wochenrückblick. Das war von 1993 bis 1996 – als eine Bettina Tietjen noch frisch dabei war und eine gewisse Eva Herman noch moderieren durfte. Reis hat so manche(s) überdauert, ist aber immer zeitkritisch, schonungslos mit sich und anderen geblieben. Als Co-Autor schätzt ihn deshalb auch das Duo Alma Hoppe, für dessen eine Hälfte, Jan-Peter Petersen, Reis bei dessen Solodebüt Regie führte.

In seinem Programm vertraut Reis seinem langjährigen Regisseur Joe Knipp, einem versierten Kölner Theatermacher. Und natürlich seinen Fähigkeiten, historische und zeitgeschichtliche Fakten in Verbindung mit der derzeitigen Weltpolitik derart pointiert zu verpacken, dass sich Mitdenken und Mitlachen als Zuschauer bei ihm meist hervorragend kombinieren lassen.

Reis meint zwar „Das Deutsche Reicht“, das Osmanische aber auch. Sowie Österreich und die USA, in denen, so Reis, der „Räuber Fotzenprotz“ Trump im Weißen Haus regiere. „Verfolgen Sie seine Reden? Mich schon“, entrüstet er sich. Seine Inhalte würden bei anderen Kabarettisten oft für drei bis vier Programme reichen, Reis’ bis zu drei Stunden langen Abende vergehen indes oft wie im Flug. Ohne Requisiten setzt er allein auf Stimme, Mimik und Gestik in verschiedenen Rollen, Dialekten und Parodien. Eine Obergrenze für schwarzer Humor? Sein Spaß sei grenzenlos. „Selbst Zoten und Kalauer haben ein Recht auf Asyl“, meint Reis. Auch deshalb verspricht seine Premiere heute ein Satire-Höhepunkt dieses Herbstes zu werden.

„Das Deutsche Reicht“ HH-Premiere Mo 15.10., 20 Uhr, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstraße 53, Karten 14 bis 29 Euro unter T. 55 56 55 56