Die Volksmusik-Truppe aus Südtirol soll ihre Fans über Jahrzehnte hinweg getäuscht haben

Schockschwerenot: Die Kastelruther Spatzen, Südtiroler Lieblinge der Schlagerfans landauf, landnochhöherrauf haben gar nicht selber musiziert. Also zumindest nicht auf den CDs, die Unerschrockene im Kolonialwarenladen um die Ecke erwerben können.

Stattdessen, so behauptet es Produzent Walter Widemair gegenüber der "Bild"-Zeitung, seien für alle Alben Studiomusiker verpflichtet worden. Nur Norbert Rier habe selbst gesungen. Das bezeichnet Rier im selben Artikel als Maßnahme, "um Kosten zu sparen". Faszinierend: Wenn der Chef der Lederhosen-Bande jetzt noch das Geheimnis, wie man Geld einspart, indem man zusätzlich Menschen einstellt, allen verraten könnte, wäre wohl bald Vollbeschäftigung erreicht.

Doch der eigentliche Skandal wäre ja nicht, wenn von der sieben Mann hohen Humpta-Gruppe alle außer einem durch mehr oder minder volksmusikfremde Menschen wie dem Drummer der Söhne Mannheims oder dem Gitarristen von Howard Carpendale ersetzt worden wären.

Unglaublich wäre es doch vielmehr, dass es, falls die Vorwürfe zutreffen, Menschen gibt, die sich Musiker nennen, Millionen Platten verkaufen und trotzdem nicht imstande sind, Songs wie "Tränen passen nicht zu dir" einigermaßen fehlerfrei einzuspielen.

Ob Widemairs Anklage tatsächlich der Wahrheit entspricht oder nicht, lässt sich allerdings auch nach mehrfacher Lektüre der offiziellen Mitteilung der Band zum Schunkel-Gate nicht feststellen. Zwar lamentiert man lang und breit darüber, dass es gute Praxis sei, auf Studiomusiker zurückzugreifen, und gibt sich persönlich enttäuscht vom Verräter. Ein echtes Dementi der Anschuldigung, die Band sei schlicht zu untalentiert, um selbst ein Album aufzunehmen, fehlt jedoch.

Warum Widemair das Geheimnis seiner Schützlinge erst jetzt lüftet, ist ebenso schleierhaft. Dass der Streiter für die Wahrheit in diesem Monat ein Buch über seine Zeit mit den Kastelruther Spatzen herausbringt, hat jedenfalls ganz sicher nichts damit zu tun.