Missverstandene Wetteransagen und ungewollte Reisen nach Frankreich: Wenn die Mundart zur babylonischen Sprachverwirrung führt

Heute geht's hier einmal nicht orthografisch zu, also rechtschreiberisch rechthaberisch, nicht Duden-mäßig, sondern phonetisch, mit Zischlauten, gehaucht, mit Gutturallauten und Labiallauten, na und so weiter.

Zunächst einmal die Geschichte, sie ereignete sich letzte Woche. Da bestellte eine Frau telefonisch, also akustisch, ein Flugticket von Leipzig nach Porto. Und bekam ein Ticket nach Bordeaux. Bordeaux in Südfrankreich, Porto in Portugal. Oder war's umgekehrt, sie wollte nach Bordeaux und bekam eins nach Porto? Ist ja egal, gehupft wie gesprungen, Jacke wie Hose, denn offenbar sprach sie Bordeaux oder Porto gleich aus, als Bordo, eben sächsisch, wo es das weiche P und das harte B gibt, das harte D und das weiche T, beide D gesprochen. Und da saß sie nun mit ihrem falschen "Ticket", respektive "Digged", und bekam es nicht getauscht. Ein sächsisches Schicksal, wo harte Männer im Liebesrausch schon mal stöhnen: "Gib mir wilde Diernamen, nenn misch Buma!" Auf Hochdeutsch: Puma.

In Sachsen hat der Satz "Rechenwärmer kriechen" zweierlei Bedeutung. Er kann biologisch sein: "Regenwürmer kriechen". Oder meteorologisch: "Regen werden wir kriegen." Je nachdem. Ähnlich beinlos weichtierhaft wie in der sächsischen Artikulation geht es nur noch im Hessischen zu, wo Goethe im Faust "Neige du Schmerzensreiche" dichtet: "Neiche!" sagt Gretschen im Gebet. Damit es sich auf die "schmerzensreiche" Himmelskönigin reimt. Oder Goethes berühmtes letztes Wort: Mehr Licht! Soll der Olympier gesagt haben. Aber sagen wollte er: "Mer licht hier schlescht". Man liegt hier schlecht; da fuhr ihm der Tod in die Parade. Auch der Struwwelpeter-Autor Dr. Heinr. Hoffmann babbelte eindeutig hessisch weich und dichtete über den fliegenden Robert: "Hui, wie pfeift der Sturm und keucht - dass der Baum sich niederbeugt." Was sich hessisch ausgesprochen tatsächlich reimt.

In Sachsen gibt es die Geschichte vom Zoologie-Professor, der angeblich alle Studenten nur nach Würmern examinierte. Also lernten sie nur diese Griechdiere. Er fragt den Ersten, oh, Schreck! überraschend nach den Elefanten. Der sagt: "Der Elefant ist groß und hat einen Rüssel. Der Rüssel ist wie ein Wurm. Die Würmer zerfallen in die Faden-, Band- und Spulwürmer ...", und dann rasselt und kellerasselt es nur so. Den Zweiten fragt er nach den Löwen. Der antwortet erschrocken: "Der Löwe lebt in Afrika. In Afrika ist es wärmer. Die Wärmer zerfallen in die Faden-, Band- und Spulwärmer ..."

So kommt es, dass man in Sachsen statt nach Bordeaux nach Porto fliegen muss. In beiden Orten ist es zurzeit jedenfalls wärmer.