Abendblatt:

Herr Seeler, am 25. Februar 1965 riss bei einem Bundesliga-Spiel in Frankfurt Ihre Achillessehne, wie sind Ihre Erinnerungen daran?

Uwe Seeler:

Es hatte einen unheimlich lauten Knall gegeben, aber als ich auf dem gefrorenen Boden lag, wusste ich nicht, was passiert war. Mein rechter Fuß hing runter, ich hatte kein Gefühl mehr im Fuß, das machte mir Sorgen.



Abendblatt:

Ahnten Sie dann, dass Ihre Achillessehne gerissen war?

Seeler:

Nein, daran habe ich nicht gedacht. Ich hatte von dieser Verletzung natürlich gehört, aber dass ich die jemals haben könnte, das habe ich niemals geglaubt.



Abendblatt:

Was passierte danach?

Seeler:

Unser Mannschaftsarzt Dr. Kurt Fischer wusste sofort, dass die Sehne gerissen war. Am Sonnabend war das Spiel, am Montag wurde ich von ihm operiert. Das muss so schnell wie möglich geschehen, denn sonst zieht sich die Achillessehne zu weit in die Wade nach oben.



Abendblatt:

Was genau wurde bei Ihnen gemacht?

Seeler:

Mir wurden Sehnen aus beiden Unterschenkeln entnommen, damit wurde die gerissene Achillessehne geflickt und verstärkt. Links herum, rechts herum. Dann wurde die Sehne an der Ferse und am Wadenmuskel angenäht. Meine linke Wade war danach normal dick, die rechte aber dicker.



Abendblatt:

Sie galten als kleines medizinisches Wunder, denn Sie spielten bereits im August wieder in der Bundesliga, wieso?

Seeler:

Alle Spieler, denen damals die Achillessehne gerissen war, beendeten ihre Laufbahn, ich war der Erste, der weiter spielte. Obwohl mir damals alle prophezeit hatten, dass ich mindestens ein Jahr pausieren müsste.



Abendblatt:

Fiel Ihnen der Start schwer?

Seeler:

Ja, es war nicht leicht, wieder anzufangen. Zum Glück hatte mir die Firma Adidas einen Spezialschuh angefertigt, mit einem speziellen Schutz für die Achillessehne, damit ging es optimal, ich habe mit den Stiefeln zwei Jahre lang gespielt.



Abendblatt:

Was sagen Sie jetzt zum Riss beim Kameruner Thimothee Atouba?

Seeler:

Ich hoffe für ihn, dass die Sehne nicht ganz gerissen ist, dann könnte der Heilungsprozess vielleicht etwas schneller verlaufen. Heute sind die medizinischen Möglichkeiten ohnehin viel weiter - aber einige Monate wird es ganz sicher dauern.



Interview: Dieter Matz