Hamburg. Der texanische Dirigent Robert Trevino spricht über seine Kindheit in Armut, Erfolge, Sehnsüchte und die Kraft von Musik.

Es war einmal… ein kleiner Junge in Texas, mit großen Träumen und ähnlich großen Hindernisse auf dem Weg zu ihnen. Inzwischen spielt Robert Trevino nicht mehr Fagott, sondern dirigiert, und das sowohl erfolgreich als auch international. Ein Gespräch über Erfolge, Sehnsüchte und die Kraft von Musik.

Hamburger Abendblatt: Sie sind Texaner mit mexikanischem Familienhintergrund, sind in Fort Worth aufgewachsen, und sind, wenn man ihren Lebenslauf ansieht, so etwas wie der „hardest working conductor in show business“. Und es gibt von Ihnen ein Zitat: „Sagt mir nicht, was ich tun kann oder was ich nicht tun kann.“ War das Leben bislang gut zu Ihnen?

Robert Trevino: Es war sehr gut zu mir, und ebenso sehr hart, aber mit dieser Formulierung bin ich sehr vorsichtig, weil ich diesen Aspekt nicht ständig überbetonen will. Ja, ich habe vieles bewältigt, ich lebe das Leben, das ich gewählt habe.

Ihre Kindheit war, sagen wir mal: ungewöhnlich.

Trevino: Ich stamme aus einer sehr armen Familie von Landarbeitern. Mein Vater war 18, als ich geboren wurde, meine Mutter 17. Mein Vater war unter anderem Pizzalieferant, hat in Restaurants geputzt und war Koch. Wo wir wohnten, wollte niemand leben, wir hatten nur eine Kühltasche für unser Essen. Aber ich bin sehr stolz auf meinen Background.

Und dann fuhren Sie mit acht Jahren mit Ihrem Vater in seinem Pickup, er drehte am Radio, es kam Mozarts „Requiem“ und Sie sagten: Das will ich. Und dann hörten Sie „Peter und der Wolf“ in der Schule, hörten das Fagott als Großvater und sagten sich: Das ist das Instrument, das ich spielen will. Nicht unbedingt das most sexy Instrument, das man in Texas als kleiner Junge spielen könnte.

Trevino: Mir hat ein Musiker mal gesagt, wenn man als kleines Kind Cello spielt, wirkt das ein wenig wie eine verwundete Gazelle in der Steppe, auf das sich alle Tiere stürzen wollen… Der kleine Knirps, der ich damals war, und dieser riesige Fagottkasten – das war ganz bestimmt nicht hilfreich, um ein Mädchen für ein Date zu finden.

Dann wurden Sie ziemlich gut…

Trevino: … Nein, wurde ich nicht. Ich war fürchterlich. Als es damals in der Schule darum ging, welches Instrument man spielen möchte, ging ich zielstrebig in den Proberaum und sagte: Ich will das Fagott. Man sagte: Du hast gute Lippen, wie wäre Posaune? Nein, Fagott oder gar nichts. Niemand sonst wollte das. Und danach dachte ich: So, jetzt habe ich das und ich liebe Musik so sehr, natürlich bin ich großartig! Weil ich nicht aus einem musikalischen Umfeld kam, hatte ich ja keine Ahnung, dass man viel üben muss. Ich fing also an zu spielen und es klang, als würde eine Kuh verenden. Doch auch das hielt ich für ganz wunderbar. Aber ich riss mich zusammen. Und bis ich 23, 24 war, bin ich morgens um vier aufgestanden, war laufen, habe bis um acht geübt, dann die ersten Unterrichtsstunden, Mittag, danach wieder üben, Unterricht, Hausaufgaben und dann bis in die Nacht weitergeübt.

Grausam.

Trevino: Mag sein. Aber Sie werden mich nie dabei erwischen, dass ich von mir als talentierte Person rede. Darüber möchte ich mich nicht definieren, sondern über meine Arbeit, meine Hingabe. Über das, was ich kontrollieren kann.

Als ich mich über Ihren Lebenslauf informiert habe, hatte ich immer das Bild von Rocky Balboa vor Augen, der in Philadelphia die Treppenstufen hinaufrennt und als Box-Training Schweinehälften verdrischt.

Trevino: Ein früher Manager von mir hat einmal über meinen frühen Dirigierstil gesagt, das hätte gewirkt, als ob ich um mein Leben kämpfen würde. Ich finde, das ist ein sehr fairer Kommentar. So war das wohl. Jetzt bin ich nicht mehr so.

Also sollte es irgendwann statt Fagott das Dirigieren sein. Und Sie haben sich bei Ihrem Lehrer als Erstes die Partitur von Strawinskys „Sacre du Printemps“ ausgesucht, ein gefürchtet schweres Stück.

Trevino: Ich hatte im Fernsehen Seiji Ozawa dirigieren gesehen, und sagte mir: DAS will ich! Und als ich meinem damaligen Fagottlehrer davon erzählte, zeigte er mir einige Partituren, von denen ich eine auswählen sollte. Strawinskys „Sacre“ hatte schon auf der ersten Seite lauter Dinge, die ich noch nie im Leben gesehen hatte. Ich hätte auch Mandarin sehen können. Und ich sagte mir: Weil ich so gar keine Ahnung habe, will ich genau damit anfangen.

Was war das erste Stück, dass Sie dirigiert haben, also: wirklich dirigiert, nicht nur versucht zu überleben?

Trevino: (Lange Pause) Tatsächlich bin ich mir nicht sicher, dass mir das tatsächlich schon passiert ist. Ich bin mir zwar immer sicher, dass ich klarkomme. Aber komplett frei fühlen, ohne Sorgen? Einer meiner Lieblingsmusiker ist B.B. King. Der saß da, einfach so, geschlossene Augen und dann legte er los. Und die Musik kommt direkt aus ihm, das Göttlich strömt durch ihn hindurch. Darauf bin ich eifersüchtig, darum beneide ich ihn, danach strebe ich. Aber ich bin nicht B.B. King. Mein wichtigstes Kriterium: Ich will etwas für den Komponisten erreichen. Es gibt Momente, in denen ich fliege und nicht mehr genau weiß, was passiert – ein „Don Carlo“ im Bolschoi war so, einige Augenblicke mit den Münchner Philharmonikern und Mahlers 5. Es gab diese besonderen Augenblicke schon, aber nie eine komplette Aufführung, bei der ich in den Wolken war.

Sie sind nie zufrieden, einige Abende sind lediglich weniger schrecklich als andere.

Trevino: Ja, und ganz wichtig: Das bezieht sich nicht auf andere Menschen, immer nur auf mich. Als ich sehr jung war, war ich ein Perfektionist. Einmal hatte ich eine Panikattacke, als ich etwa 15 war, bei einem Konzert mit meinem Jugendorchester, Rossinis „Barbier von Sevilla“-Ouvertüre unter anderem. Ich hatte viele große Soli und war mit allem so unzufrieden. Dann konnte ich nichts mehr sehen, nicht mehr atmen, hyperventilierte. Spielte trotzdem, und auf der Aufnahme hörte sich alles gut an. Aber ich erkannte für mich, dass das nicht der richtige Weg ist. Wissen Sie, was mein größtes Problem ist? Ich selbst.

Nach all diesen irren Zufällen und Chancen waren Sie als Dirigent oft Last-Minute-Einspringer. Wie ist diese Aufregung für Sie – alles retten zu sollen, obwohl Sie sich ohnehin schon so viel Druck machen? Sind sie wegen Ihrer Vita in solchen Situationen womöglich besser als all die anderen?

Trevino: Zunächst einmal: Ich hasse Wettbewerbe. Besonders albern sind sie beim Dirigieren. Aber mein Vater sagte immer: Wichtig ist, wenn Gelegenheit auf Vorbereitung trifft. Bei Santa Cecilia bin ich einmal für Jaap van Zweden eingesprungen, Brahms‘ Erste, die hatte ich nie zuvor dirigiert. Aber: Ich hatte sie schon etwa 18 Jahre lang studiert. Als ich etwa 23 war, konnten Sie in mein Zimmer kommen, nichts als Bücher und Noten, und ich studierte unablässig Partituren. Weil ich immer wusste, dass ich derjenige sein möchte, für den man einmal den roten Teppich ausrollen würde. Ich wäre nicht der, den man sich gewünscht hätte – ich wäre derjenige, den man als letzten anruft. Also musste ich bereit sein.

Sie haben also eine Bibliothek an Stücken, die Sie vorsorglich für alle möglichen Notfälle vorbereitet haben?

Trevino: Ich habe die nicht deswegen vorbereitet, sondern weil ich Musik liebe und so neugierig bin. Gerade arbeite ich an den Sinfonien von Martinu, vor vier Jahren habe ich mit den Elgar-Sinfonien begonnen. Ich mag Lernen, je mehr ich weiß, desto mehr Kontext und Inspirationen ergeben sich daraus.

Sie haben Verbindungen zu drei Orchestern: Chefdirigent beim Baskischen Nationalorchester, erster Gastdirigent beim RAI in Turin und Sie waren bis vor kurzem auch Chef in Malmö.

Trevino: In San Sebastian läuft alles bestens: Wir haben gute Einspielungen vorzuweisen, ich habe mehr als 20 Musiker engagiert. Aber ich mache all das nicht, weil ich größenwahnsinnig bin. Ich mache meine Arbeit, weil ich möchte, dass später einmal gesagt wird: Er hat etwas verbessert. Die sind jetzt besser, hören besser aufeinander, das macht sie auch zu besseren Lehrern für die kommende Generation. Vielleicht bin ich ja naiv, aber ich glaube, dass wir tatsächlich bessere Menschen werden, wenn wir besser zusammenarbeiten.

In Malmö haben Sie 2019 die neun Beethoven-Sinfonien live in zwei Konzertwochen eingespielt. Sie hätten es sich dort mit Ihrer ersten Aufnahme einfacher machen können, dieses A-Repertoire auf CD würde man wohl eher von Dirigenten erwarten, die schon viele Jahre berühmt sind, mit einem berühmten Orchester. Sie stehen also auf den steinigen Weg?

Trevino: Einige Hintergründe: Nachdem ich dort als Gastdirigent Mahlers Siebente gemacht hatte, fragten sie mich wenig später, ob ich nicht Chef werden wolle. Meine Antwort: nein. Mir war nicht klar, was sie von mir erwarteten. Dann diskutierten wir und die Musiker sagten mir: Wir sind gut aufgestellt, aber wir haben keine Tradition. Die wollen wir. Tradition. Die hat mit Zusammenhalt zu tun, mit einem eigenen Weg, einer eigenen Perspektive. Und dabei konnte ich Ihnen helfen. Ich habe sicher nicht die beste, aber eine Beethoven-Version zu bieten. Die mag ich. Und beim nächsten Mal wird sie schon wieder anders sein. Und von Beethoven konnte ich weitergehen, zu Brahms, Schumann, Mahler, Strauss – aber auch zurück zu Mozart. Er ist wie ein Pflock, in der Mitte des Spielfelds. Und warum dann alle neun in einem Schwung? Jeder und jede sollte Teil des gemeinsamen Ziels sein, des gemeinsamen Erlebnisses. DAS ist Tradition.

Sie hat niemand gefragt, ob Sie leicht verrückt seien? Oder spornen Sie solche Reaktionen nur noch weiter an?

Trevino: Das hat niemand gesagt. Es hatte ja auch noch ein anderes Ziel. Malmö ist eine sehr lebendige, sehr vielschichtige Stadt. Aber der Konzertsaal schien nur für eine ganz bestimmte Zielgruppe bestimmt. Man hatte die Türen nicht weit genug geöffnet. Die Leute wollen nicht mehr nur ein gutes Konzert, mit guten Solisten – sie wollen etwas Besonderes erleben. Das boten wir mit dem Zyklus. Das Marketing-Material war sehr provokant: Wir nutzten QR-Codes und verteilten Beethoven-Grafitti in der Stadt. Und was sah ich, als ich mich bei den Sinfonien zum Saal umdrehte? Komplett ausverkaufte Konzerte, Death-Metal-Fans direkt neben der 70 Jahre alten schwedischen Großmutter. Sie alle waren gekommen, um Beethoven zu hören. Die Aufnahme-Idee kam erst nach den Plänen für diesen Zyklus. Erst dann wurde ich wirklich nervös. Aber den Mut für diese Aufnahme fand ich, weil es nicht DER beste Beethoven überhaupt werden sollte, sondern MEIN ERSTER Beethoven-Zyklus, als Teil meiner Entwicklung.

Dirigieren kann sich wie 90 Menschen und ein weiterer anfühlen – aber auch wie einer gegen 90. Sie hatten sicher schon beide Fälle. Wie kommen Ihnen diese beiden Extreme vor?

Trevino: Wenn es sich so verhakte, hatte es in aller Regel nicht mit mir zu tun. In einem Fall hatte das Orchester direkt vor unserer ersten Probe abgestimmt, dass es nach unserem Konzert einen Streik beginnen würde. Ich habe aber wenig Geduld damit, wenn Orchestermitglieder übermäßig ruppig miteinander umgehen. Zu mir können Sie das, bis zu einem gewissen Level sein, das halte ich aus. Aggressivität lasse ich mir nicht bieten.

Und das Gegenteil? Wie fühlt es sich an, wenn man zu fliegen beginnt?

Trevino: So erlebe ich es nicht. Es ist mir auch nicht so wichtig, ob man sauer auf mich ist oder froh. Daran kann ich auch nicht viel ändern, das ist ihre Entscheidung. Meine wichtigste Aufgabe ist immer, dass der Komponist zu seinem Recht kommt. Wenn sie mich nicht mögen, könnte es sein, dass sie mich nicht verstehen. Bei Kommunikation geht es immer darum, was der andere versteht und nicht darum, was man sagt.

Wie groß war Ihr Ehrgeiz, als Sie in Ihren Beruf starteten? Wurde er größer, weil Sie in den letzten Jahren sahen, was Sie konkret erreicht haben?

Trevino: Es gibt noch so viel mehr zu lernen. Karriere… Meine Einstellung dazu ist etwas sonderbar. Einmal hat mich ein Journalist gefragt, welches Orchester ich ultimativ dirigieren möchte. Klar kommt man dann auf die einfachen, automatischen Antworten. Die fand ich aber nicht befriedigend. Es geht eben sehr um Tragweite, um die Fähigkeit, etwas zu verändern, ob in San Sebastian, Malmö oder Turin. Wenn mir eine größere Institution zur Verfügung steht, kann ich auch mehr verändern. So sehe ich meine Karriere. Es geht nicht um ein Orchester, sondern um die Leinwand, auf der ich arbeite.

Was ist für Sie übler: Eine Bühne zu betreten oder sie verlassen zu müssen?

Trevino: Für die erste Probe auf die Bühne zu kommen, ist für mich der schlimmste Moment, dieses maximale Nichtwissen. Wenn ein Geiger seinen Kasten öffnet, ist es immer die gleiche Geige, es gibt eine enge Beziehung. Und die Geige spielt nicht ohne ihn. Diesen Vorteil habe ich nicht. Ich betrete die Bühne und habe mit Menschen zu tun, die ohne mich spielen können. Vielleicht nicht die kompliziertesten Stücke, technisch gesehen, aber dennoch.

Und Sie müssen innerhalb einer Sekunde dafür sorgen, dass das Orchester nicht ohne Sie spielen will.

Trevino: So würde ich das eher nicht sehen. Ich kann von mir sagen, dass ich etwas erreicht habe, sobald ich einer von ihnen bin – aber gleichzeitig auch nicht. Unser Proben hat ihnen vermittelt, was passieren wird und wie man das erreicht. Ich kann sie dabei unterstützen – aber auch überraschen. Ich bin bei ihnen. Wir machen das zusammen, oder gar nicht.

Ein perfekter Zeitpunkt für einen ebenso entwaffnenden wie bescheidenen O-Ton von Ihnen: Nach einer Probe mit dem Gewandhausorchester haben Sie gesagt: „Vielen Dank, dass Sie mich heute zu einem besseren Dirigenten gemacht haben.“ Vielleicht das Beste, was man einem Orchester nach einer Probe sagen kann. Danach kann Ihnen niemand mehr böse sein. Genial.

Trevino: Aber doch wahr. Ich wollte nicht einfach nur nett sein. Wir hatten Schumanns Zweite geprobt, und bei einer Stelle im letzten Satz passierte es: Ich hörte ihre Kultur, ich spürte ihre kollektive Seele. Dieser Klang, diese Farbe, dieses Gefühl ist jetzt für weitere Verwendung mit anderen in meinem Werkzeugkasten.

Wo und wie werde ich in zehn Jahren von Ihnen hören?

Trevino: Wenn Sie es wollen.

Welchen Ehrgeiz haben Sie noch, welche Ziele sind noch übrig?

Trevino: So viele! Ich will Mahler-Sinfonien aufnehmen, ich will mit tollen Künstlern und Künstlerinnen arbeiten. Tonnenweise Kompositionen, die ich aufführen will. In Malmö hatten wir ein „Bestäubungs“-Projekt: Wir teilten das Orchester in Kammermusikgruppen, schickten sie der Region in Altenheime, Kindergärten, Synagogen, Kirchen und Cafés… so weit der Wind sie tragen konnte. Man weiß nie, welcher Samen sich zu einer Pflanze entwickeln wird und muss einfach abwarten, wo etwas wächst. Und ich will in meinem Leben so viele Bäume wie möglich pflanzen. Sollte nicht ich, sondern jemand anderes ihren Schatten genießen können, ist das okay. Wenn ich eine Tür durchschreite, halte ich sie offen, damit der nächste hindurch kann. Wenn er mich übertrifft, macht mir das nichts aus. Ich bin nicht eifersüchtig, sondern freue mich über sie. Das ist ein weiterer guter Mensch, der gute Arbeit leistet, und ich war dabei behilflich.

Wie ging das Projekt in Malmö weiter?

Trevino: Die Menschen, denen das Orchester begegnete, erfuhren, was wir im Konzertsaal tun, sie kamen zu einem speziellen Eingang, zeigten die QR-Codes vor, die sie erhalten hatten. Die Orchestermitglieder wurden backstage informiert, dass die Zuhörer von damals nun im Konzert seien. In der Pause konnten sie sich treffen und sagen: Wie großartig, dass Sie hier sind. Wundervolle menschliche Begegnungen. Das ist unsere Verpflichtung! Wir können nicht sagen: Wir sind wichtig, kommt zu uns. Nein! Ihr seid wichtig, wir können Teil eures Lebens sein und wir zeigen euch, wie das möglich ist.

Hatten auch Sie solche Begegnungen?

Trevino: Es war eine Aufführung von Rachmaninows 2. Klavierkonzert und seiner Zweiten. In der Einführung hatte ich über seine Depressionen gesprochen und wie er sie hinter sich gelassen hatte. Ich sagte: Jeder von uns ist fähig, damit klar zu kommen. Nach dem Konzert kam eine Frau aus dem Publikum zum Saalpersonal und ließ mir etwas ausrichten. Ihre Geschichte war stadtbekannt. Ihr schwer depressiver Sohn hatte seine Frau und seine zwei Kinder ermordet danach war diese Frau zur Einsiedlerin geworden und für über ein Jahr nicht unter Menschen gewesen. Das war ihr erster Abend draußen. Und sie ließ mir ausrichten: „Jetzt habe ich den Mut weiterzumachen.“ Das bedeutet mir sehr viel. Als Künstler, als Musiker weiß man nie, ob oder wann man so etwas je erreicht. Eine Person, ein Kind! Ich war dieses Kind, ich war dieser eine Mensch! Das ist es, was wir mit unserer Kunst können. Wir können die Leben von Menschen verändern.

CDs: Ravel „Boléro“ / „La Valse” u.a. Basque National Orchestra (Ondine, ca. 15 Euro). Beethoven „Sinfonien 1 – 9” Malmö Symphony Orchestra (Ondine, 5 CDs, ca. 30 Euro). Bruch „Sinfonien 1 – 3” Bamberger Symphoniker (cpo, 2 CDs, ca. 28 Euro).