Travenbrück. Nord- und Ostsee überlaufen? Machen Sie Urlaub vor der Haustür! Heute: das Kloster Nütschau in Travenbrück.

Kicken wie einst Beckham? Nicht ganz! Sieht aber schon ziemlich gut aus, wie Benjamin, Laurenz, Klemens & Co. so über den Sportplatz sprinten. Im Tor steht Lukas. Voll konzentriert darauf, dass das Runde nicht im Eckigen landet.

Ein Mittwochabend im August. Während es auf dem Bolzrasen des zum Kloster Nütschau gehörigen Jugendhauses St. Benedikt engagiert und geräuschvoll zugeht, ist es auf dem gegenüberliegenden Klostervorplatz eher ruhig. Eine Dame mittleren Alters dreht in sich versunken ihre Runden. Sie, die anonym bleiben möchte, sei hier, um Ruhe zu finden und ihren Gedanken nachzugehen, sagt sie. Deshalb habe sie sich für ein paar Tage in einem der 42 Gästezimmer der Klosteranlage eingemietet, um im Zwiegespräch mit Gott und den Mönchen eine Auszeit vom Alltag zu finden.

Zum Programm des Klosters gehört ein umfangreiches Seminarangebot
Zum Programm des Klosters gehört ein umfangreiches Seminarangebot © Bödecker | BIANCA BOEDEKER

Meditative Ferien an diesem religiösen Ort zu verbringen, ist auch für Benjamin der Grund, regelmäßig übers Wochenende zu Gast im Jugendhaus zu sein. Einfach um mal „runterzukommen“. „Für mich ist das hier das letzte Stück heile Erde“, sagt der 24-Jährige, der Theologie studiert und Lehrer werden möchte. Finja (20), die an diesem Ort 2019 ihr Freiwilliges Soziales Jahr absolvierte, ergänzt: „Wenn man nach Hause fährt, fällt man in das Nütschau-Loch.“ Es ist die Gemeinschaft, die die Gruppe verbindet. Einer für alle, wie beim Fußball. Und deshalb treffen sich die Freunde immer wieder in dieser Runde. Hier haben sie sich kennengelernt. Zum Teil schon als Kinder während der Familienferien mit den Eltern. „Als kleiner Junge bin ich mit dem Bobbycar auf dem Gelände herumgekurvt“, sagt Benjamin und lacht. „Nütschau ist unser zweites Zuhause“, ergänzt sein Bruder Jonathan. Auch die Gemeinschaft mit den Mönchen sei großartig. „Sie sind zu unseren Freunden geworden.“

Um das Jahr 830 wurde die Nütschauer Schanze errichtet

Beispiele, die zeigen: Die Gästeschar ist bunt gemischt und kehrt aus unterschiedlichen Beweggründen in der Klosteranlage ein. Auch, um die regelmäßigen Seminarangebote im modernen Bildungs- und Tagungshaus St. Ansgar zu nutzen. Gemeinden und Gruppen können Bildungshaus und Referenten für eigene Veranstaltungen, wie etwa Gemeindewochenenden und Besinnungstage, buchen.

Tipps für die Umgebung:

  • Fußweg durchs Brenner Moor: Es gibt einen landschaftlich schönen Wanderweg vom Bahnhof zum Kloster (ca. 5 km). Er führt durchs Brenner Moor und ist mit einer gelben Muschel auf blauem Grund (Pilgerweg) gekennzeichnet. Der Bohlenweg ist mittlerweile fast ganzjährig passierbar.
  • Wander-Highlights: Das nahe gelegene Moor- und Waldgebiet bietet zahlreiche Wanderwege, eine Kanuanlegestelle am Fluss Trave befindet sich in rund 500 Meter Entfernung.
  • Bad Oldesloe ist der nächst gelegene Ort (ca. sechs Kilometer) und zu Fuß, mit dem Rad durchs Moor oder entlang der Straße zu erreichen. Auf halbem Weg nach Bad Oldesloe gibt es ein Freibad, in Bad Oldesloe selbst ein Hallenbad sowie Einkaufsmöglichkeiten.
  • Einen hohen Freizeitwert bietet auch der Große Segeberger See. Besucher finden neben einer neu gestalteten Seepromenade auch ein Freibad und einen Bootsverleih für Tret- und Ruderboote vor. Für einen Rundgang um den See benötigt man rund 90 Minuten.

Einzelgäste, die Ruhe und Abstand vom Alltag wünschen, neue Kraft und Orientierung aus dem Glauben suchen, finden für einige Tage im „Stillen Bereich“ einen Ort der inneren Einkehr. Er schließt sich räumlich der Mönchsklausur an und ist in unmittelbarer Nähe zur Klosterkirche gelegen. Mit der Möglichkeit, am Stundengebet teilzunehmen. Darüber hinaus werden Einzelexerzitien und Exerzitien in Kleingruppen angeboten. Das dem Kloster angeschlossene Haus Raphael offeriert spirituelle Wegbegleitung speziell für Männer, die sich auf den Weg zu sich selbst machen wollen.

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Die Reporterin macht sich jetzt mal auf den Weg in die Klosterküche. Simone Hospodarz und ihr Kollege bereiten dort gerade das Abendbrot zu. Sie gehören zum 16 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zählenden Küchenteam. Das Abendbüffet sieht köstlich aus. Es gibt ein warmes Nudelgericht, frische Salate, dazu frisches Brot, Käse- und Wurstaufschnitt und einen süßen Nachtisch. Die 52 Jahre alte Küchenfee liebt nicht nur ihren Job, sagt sie, sondern auch die anregenden Gespräche mit den Gästen.

Es gibt einen klostereigenen Swimmingpool

Im Jugendhaus gegenüber ruft Finja der erschöpften Fußballtruppe zu: „Jungs, wann wollen wir essen?“ Die Runde einigt sich auf 19 Uhr. Während die blonde junge Frau in der Küche ein zünftiges Abendbrot zubereitet, marschieren die Hobbykicker nach dem Auspowern auf dem Rasen erst mal zum Eintauchen in den klostereigenen Swimmingpool.

Wir tauchen in der Zwischenzeit mal ein in die Geschichte des Klosters, die sich wie folgt nachlesen lässt: Um das Jahr 830 wurde an der Trave eine Fliehburg (Verteidigungsanlage) errichtet und mit einem Erdwall umgeben: die Nütschauer Schanze.

Sie war Teil einer karolingischen Befestigungsanlage, die von der Elbe in nördlicher Richtung bis etwa Kiel reichte. Dieser „Limes Saxoniae“ (Sachsenwall) trennte den westlichen, sächsischen Teil vom slawischen Ostteil des Landes, zudem bildete er den einzigen Traveübergang. Hier entstand schon bald ein Herrensitz, der Jahrhunderte später vom Grafen Heinrich Rantzau, einem bedeutenden Humanisten Schleswig-Holsteins, erworben wurde.

1951 erwarb der Bischof von Osnabrück das Gut Nütschau

1577 begann der mit dem Bau des kleinen Wasserschlosses, dem „Castrum Nutzkow“, das mit seinen drei Giebeln bis heute das Wahrzeichen Nütschaus ist. Im 19. Jahrhundert wurde das Innere des Hauses – es hat bis zum Einzug der Mönche 28-mal den Besitzer gewechselt – völlig umgestaltet. Das Dreigiebelhaus in seinen einfachen, edlen Proportionen, dessen mittlerer Giebel das charakteristische Türmchen aus dem Jahr 1792 trägt, hat hohen künstlerischen Rang.

Bruder Benedikt Hülsmann leitet das Haus St. Ansgar
Bruder Benedikt Hülsmann leitet das Haus St. Ansgar © Bödecker | BIANCA BOEDEKER

Am 3. Februar 1951, dem Fest des heiligen Ansgar, erwarb der für diese Region damals noch zuständige Bischof von Osnabrück das Gut Nütschau für die Benediktiner der Abtei Gerleve im Münsterland und vereinbarte mit ihnen: Nütschau wird – mit dem Namen „Haus St. Ansgar“ – zunächst als Exerzitien- Haus eröffnet. Ziel war aber von Anfang an die Errichtung eines Klosters nach der Regel des Heiligen Benedikt.

Nach und nach ergänzten weitere Bauten das Ensemble: die heutige Bildungsstätte Haus St. Ansgar (1954/59), die Klosterkirche mit dem Stillen Bereich (1974), Speiseräume und Küche sowie das damalige Schwesternhaus, die Erweiterung des Jugendhauses St. Benedikt (1990), das neue große Konventgebäude (1998), das renovierte Herrenhaus (2006) samt der noch verbliebenen umliegenden Ländereien.

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    Kontakt und Anreise

    Kloster Nütschau
    Kloster Nütschau

    • Kontakt: Bildungshaus St. Ansgar, Schloßstraße 26, 23843 Travenbrück, Telefon: 04531/500 40, Telefax: 04531/500 41 00, info@kloster-nuetschau.de, www.kloster-nuetschau.de
    • Anfahrt mit dem Auto: Das Kloster Nütschau liegt an der Autobahn A 21, Ausfahrt 16. Von dort der Ausschilderung zum Kloster folgen. Von Bad Oldesloe ist das Kloster über die Segeberger Straße Richtung Bad Segeberg zu erreichen. Am Ortseingang von Schlamersdorf links abbiegen.
    • Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Der nächste Bahnhof liegt in Bad Oldesloe. Jeweils 25 Minuten vor der vollen Stunde kann man von Montag bis Sonnabend vom Bahnhof mit dem Sammeltaxi, dem AST, für etwa 4 Euro direkt nach Nütschau fahren. (Anmeldung mindestens 30 Minuten vorher unter 04531/174 00). Das Kloster liegt noch innerhalb des Hamburger Verkehrsverbundes