Hamburg. Da er auch Instagram und WhatsApp besitze, habe der Konzern eine Monopolstellung, so Caspar. Anlass ist der jüngste Datenskandal.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar unterstützt politische Überlegungen zu einer möglichen Zerschlagung des Internet-Giganten Facebook. Hintergrund ist der jüngste Skandal, nach dem Facebook die Daten von sogar 87 Millionen Nutzern der Firma Cambridge Analytica zur Verfügung gestellt hat, die damit den Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump unterstützt haben will.

„Unter dem Aspekt der Wechselwirkung zwischen Datenmissbrauch und Ausnutzung der Monopolstellung“ stelle sich die Frage nach einer Zerschlagung des Unternehmens „tatsächlich“, so Caspar. Zum Konzern gehöre ja nicht nur Facebook mit seinen mittlerweile mehr als zwei Milliarden Nutzern, sondern auch der mit Abstand erfolgreichste Messenger, WhatsApp, und die Foto-Plattform Instagram.

In der digitalen Welt sind Jahre kleine Ewigkeiten

„Wenn Facebook-Chef Mark Zuckerberg ankündigt, dass eine Lösung der Probleme insbesondere des Datenschutzes Jahre in Anspruch nehmen wird, verleiht seine eigene Stellungnahme dieser Forderung doch unfreiwillig Nachdruck“, sagte Caspar dem Abendblatt. „Das dahinterstehende Signal ist der eigentliche Skandal. Offenbar ist man bei Facebook aus eigener Kraft nicht in der Lage oder auch nicht willens, nun mit aller gebotenen Entschiedenheit den Tanker umzusteuern. In der digitalen Welt sind Jahre kleine Ewigkeiten. Mit Innovationen etwa zur Weiterentwicklung der Nutzererfahrung würde Facebook kaum so lange warten“, so Caspar.

„Vor dem Umgang Facebooks mit den Daten von Nutzern und von Dritten haben die Datenschutzbehörden seit Jahren immer wieder gewarnt. Wenn Facebook sich jetzt als Opfer sieht, geht das an der Realität vorbei: Es hätte einer rechtswidrigen Weitergabe der Daten durch einen Wissenschaftler gar nicht bedurft. Jeder beliebige App-Entwickler, auch Cambridge Analytica, hätte damals direkt die Daten bekommen können. Um zunächst genug Apps auf die Plattform zu locken, hat der Konzern die Daten von Nutzern dem Zugriff Dritter preisgeben, ohne eine Einwilligung einzuholen.“

Neue Datenschutz-Grundverordnung gibt Nutzern neue Rechte

Der in Deutschland wegen dessen Hamburger Firmensitzes für Facebook zuständige Datenschützer Caspar forderte, es müsse bei dem Netzwerk künftig „insbesondere informierter und expliziter Einwilligungen, transparenter Verfahren der Datenverarbeitung und datenschutzfreundlicher Voreinstellungen“ geben. „All das muss wirksam durch die Behörden kontrolliert und durchgesetzt werden.“

Dabei müsse die Ende Mai in Kraft tretenden neue Datenschutz-Grundverordnung der EU konsequent angewandt werden, so Caspar. Diese gibt den Nutzern neue Rechte, setzt den Netzwerken neue Grenzen bei der Datensammelwut und erhöht die Bußgelder massiv. „Die Anwendung beinhaltet auch die verhältnismäßige Ausschöpfung des Bußgeldrahmens“, so Caspar. Bußgelder können künftig auf bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes festgelegt werden.

Hamburgs Politiker, Polizei oder Feuerwehr bleiben bei Facebook aktiv

Anders als etwa Google sei Facebook „aus der konfrontativen Strategie gegenüber Daten- und Verbraucherschutzanliegen nie wirklich herausgekommen“, sagte der Hamburger Datenschutzbeauftragte. „Das macht den Fall Facebook zu einer besonders anschaulichen Geschichte für die Öffentlichkeit. Gerade die Nutzungs- und Privatsphäre-Bestimmungen von Facebook machen den Nutzer verletzlich und zum unmündigen Datenlieferanten. Sie setzen daher Rahmenbedingungen, die Missbrauch und Manipulation eher fördern, statt zu verhindern.“ Das sei etwa beim Klarnamenszwang des Netzwerks so, aber auch „bei der Zugänglichmachung von Daten unbeteiligter Dritter durch Apps und beim Einsatz von Tracking Tools oder dem Auslesen von Adressbüchern durch den Messenger-Dienst WhatsApp“, so Caspar. „Der Nutzer wird hier zum Produkt, auch wenn die Inhalte auf der Plattform durchaus emanzipatorische Zwecke verfolgen können.“

Aus der Hamburger Politik gibt es zwar ebenfalls massive Kritik an dem sozialen Netzwerk. Gleichwohl bleiben sowohl der Senat und einige Behörden wie auch Parteien, die meisten Politiker, Polizei oder Feuerwehr bei Facebook angemeldet und aktiv. Das hat eine Umfrage des Abendblatts ergeben. Das häufigste Argument: Die hohe Reichweite biete so große Vorteile bei der Kommunikation mit den Bürgern, dass diese die Bedenken derzeit deutlich überwiegen.

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