Filsum. Knochenbrecher Tamme Hanken starb vor einem Jahr. Heute erinnern sich die Fans an den TV-Star. Viele reisen in sein Heimatdorf.

Es ist ein regnerischer Tag im Norden, der graue Himmel lädt nicht gerade zu Ausflügen ein. Und doch haben sich etliche Menschen aufgemacht, um auf den Friedhof ins kleine Filsum zu fahren. Sie stehen am Grab des wohl berühmtesten Sohnes des Städtchens, einer kleinen Gemeinde mitten in der weiten Natur Ostfrieslands, sonst ein Ort des gemächlichen Dorflebens, das nur wenige Touristen anzieht. Doch heute sind die Menschen gekommen, um sich an Tamme Hanken zu erinnern, den so genannten XXL-Ostfriesen, der als Pferdekenner im Fernsehen bekannt geworden ist. Der stattlich gewachsene Wunderdoktor, der die Vierbeiner oft mit einem einzigen beherzten Griff heilen konnte, starb vor einem Jahr völlig überraschend, im Alter von 56 Jahren.

Auch auf dem Hof, der mit seinen Koppeln und Ställen und der gemütlichen Hausbar vielen Fernsehzuschauern bald zum zweiten Zuhause geworden ist, herrscht am Dienstag reger Betrieb. Die Witwe des sympathischen Naturburschen hat das Gelände für Besucher geöffnet. Eine kleine Gedenkstätte neben der Einfahrt ist bereits in den vergangenen Monaten immer wieder zum Ziel der Hanken-Pilger geworden. Immerhin haben seit 2008 Millionen von Zuschauern das Wirken von Tamme Hanken als „XXL-Ostfriese“ im NDR Fernsehen und als „Knochenbrecher“ bei Kabel eins verfolgt.

Kondolenzbuch liegt aus

Mittlerweile haben sich schon so viele Fans in das Kondolenzbuch in der hölzernen Kiste auf dem Tisch neben der Weide eingetragen, dass Carmen Hanken es bereits mehrere Male erneuern musste. Die Erinnerungen, die die Fernsehzuschauer mit dem TV-Star verbanden, haben sie in den Büchern, aber auch im Internet hinterlassen. "War ein toller Mensch, war total super zu den pferden, werde ihn nie vergessen", schreibt dort eine Patricia, oder "Ein Jahr nun schon ohne Dich....Freund aller Tiere". Andere Fans posten auf Facebook rührende Gedichte und Bilder.

Der Knochenbrecher, der die Zuschauer als kreativer Helfer der Vierbeiner verblüffte und auch die Rolle des verlässlichen und hilfsbereiten Menschenfreundes nicht nur spielte, wird heute noch einmal im Fernsehen zu sehen sein: Kabel Eins zeigt die Doku "Tamme Hanken unvergessen", der NDR dokumentiert den Todestag im Rahmen der Sendereihe „Nordabend".

Eine glückliche Ehe

Carmen Hanken hat sich vorgenommen, an diesem besonderen Tag auf dem Hof zu bleiben und in Gedanken bei ihrem verstorbenen Mann zu sein. "Eine Wunde hinterlässt Narben – und Narben sind in irgendeiner Form immer fühlbar. An einem Tag wie heute ist sie deutlicher als im Alltag", beschreibt die Witwe ihre Gefühle. "Bei mir ist Tamme im Herzen und wird es auch für immer bleiben. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese besondere Zeit erleben durfte", sagt die blonde Frau, die neben ihrem Gatten auch häufiger im Fernsehen aufgetreten war.

Das Herz von seiner Carmen hatte der Ostfriese 2002 erobert. Die Rheinländerin kam damals mit ihrem kranken Pferd auf den Hankenhof. Tamme Hanken konnte dem Tier helfen, und Carmen verliebte sich in den Landwirt. 2004 heirateten die beiden. Eine glückliche Ehe. Während ihr Mann häufig auf Reisen war, weil seine Dienste als „Knakenbreker“ – ostfriesisch für Knochenbrecher – weltweit gefragt waren, kümmerte sich Carmen Hanken um den Hof.

Auch heute noch lebt die Witwe mit und von den Erinnerungen, für die Tamme Hanken bei den Zuschauern so beliebt geworden ist. Zusammen mit Kai Schmid brachte sie kürzlich ein Buch heraus. In "Gemeinsamer Ausritt" schildert die 57-Jährige, wie sie mit dem XXL-Ostfriesen zusammenlebte. „Meinst du, unter einer großen Eiche ist genügend Licht für eine zarte Rose?“, erinnert sie sich an gemeinsame Momente in ihrem Leben. Sie beleuchtet nicht nur die außergewöhnliche Gabe des Knochenbrechers, sondern zeigt auch die sanfte, sensible Seite ihres Mannes abseits der Kameras.

Die energiegeladene Frau, die nun mit dem Verlust ihres Gatten leben muss, blickt nach vorne. Sie geht auf Leserreisen, pflegt den Kontakt zur Presse und kämpft damit, den Hankenhof finanziell über Wasser zu halten. Gemeinsam mit ihren drei Mitarbeitern führt Carmen Hanken den Betrieb, sie gibt Reittraining und bildet Pferde aus. Weil sie nun häufiger unterwegs ist, musste sie bereits einige der Tiere auf dem Anwesen verkaufen. Die Fans kritisierten sie dafür in den sozialen Medien. Auch sie wollen, dass alles so bleibt wie es immer war, in der heilen Welt von Filsum und seinem Wunderdoktor.