Lübeck . In Deutschland gelten 1,8 Millionen Menschen als alkoholabhängig. 560.000 sind onlinesüchtig. Experten treffen sich in Lübeck.

Soziale Medien wie Facebook und Instagram bergen nach Ansicht von Experten erhebliche Suchtgefahren. Mädchen und junge Frauen seien besonders durch Plattformen wie Instagram gefährdet, auf denen vor allem Fotos geteilt werden, hieß es Dienstag beim zehnten Deutschen Suchtkongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie (dg sps).

Die Internet- und Glücksspielsucht ist eines der Hauptthemen des Kongresses, der noch bis Mittwoch in Lübeck stattfindet. Weitere Schwerpunkte sind die Auswirkungen von Suchterkrankungen auf das soziale Umfeld und Hilfen für suchtmittelabhängige Kinder und Jugendliche. An dem Kongress nehmen rund 400 Experten aus dem In- und Ausland teil. „Viele Instagram-Nutzerinnen nehmen sich die Prominenten zum Vorbild, die dort Fotos von sich und ihrem Lebensstil veröffentlichen“, sagte Daria Kuss von der britischen Nottingham Trent University am Dienstag.

Versuch, Vorbilder zu imitieren

Der Versuch, diese Vorbilder zu imitieren, und der Wunsch nach möglichst vielen positiven Kommentaren durch andere Nutzer könne zu erheblichen Minderwertigkeitsgefühlen führen, sagte Kuss. Sie warnte davor, Verhaltenssüchte wie Spiel- oder Onlinesucht zu verharmlosen. „Studien zeigen, dass Verhaltenssüchte im Gehirn ähnliche Vorgänge und Strukturveränderungen auslösen, wie substanzgebundene Süchte“, sagte Kuss. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht), Rainer Thomasius, sagte, etwa zehn Prozent der Patienten in kinder- und jugendpsychiatrischen Praxen seien internetsüchtig.

Schlechter Allgemeinzustand

Nach Angaben der DG-Sucht und des Deutschen Suchtkongresses der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie zählen Suchterkrankungen in Deutschland zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Danach gelten 1,8 Millionen Menschen als alkoholabhängig, etwa 560.000 als onlineabhängig und mehr als 500.000 als glücksspielsüchtig. Erheblicher Verbesserungsbedarf besteht nach Auffassung des Kongresspräsidenten Gallus Bischof noch bei der Betreuung der Angehörigen Suchtkranker. „Sie haben häufig einen schlechten Allgemeinzustand und neigen zu Depressionen, doch das Versorgungsangebot für diese Personengruppe ist in Deutschland unterfinanziert und lückenhaft“, sagte Gallus. Diese Versorgungslücke müsse dringend geschlossen werden.