Lübeck. Der 29-Jährige muss in die geschlossene Psychiatrie. Sein 47-jähriger Mittäter wurde ebenfalls verurteilt.

Weil er seine zweijährige Tochter über Monate immer wieder vergewaltigt, gequält und dabei gefilmt haben soll, ist ein Vater zu zehn Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Zudem ordnete das Lübecker Landgericht am Donnerstag die Unterbringung des 29-Jährigen in der geschlossenen Psychiatrie an. Bei einem 47 Jahre alten Mittäter verhängte die Strafkammer zehn Jahre Gefängnis. Beide Männer hatten zugegeben, das vor Angst und Schmerzen schreiende Kind misshandelt, missbraucht, vergewaltigt und geknebelt zu haben.

Auch gegen Chatpartner wird ermittelt

Die Misshandlungen der Kleinen hatten die Angeklagten laut Urteil auf Video aufgezeichnet. Bilder davon hatten sie demnach live in einem Internet-Chat verbreitet. „Mag es, wenn sie leidet“, soll der Vater geschrieben haben. Das Martyrium des kleinen Mädchens endete erst Anfang November 2016, als einer der Chatpartner schockiert die Behörden informierte. Drei Tage später wurde der Vater festgenommen. Gegen etwa 50 Männer, die den Missbrauch des Mädchens live im Internet verfolgt haben sollen, wird noch gesondert ermittelt.

Mit dem Urteil blieb die Strafkammer unter dem Antrag der Staatsanwältin, die für den Vater 13 Jahre und für den Mittäter elf Jahre gefordert hatte. Die Verteidiger hatten keine konkreten Anträge gestellt. Das Kind ist nach Angaben einer Anwältin schwer traumatisiert und ebenso wie die Mutter in therapeutischer Behandlung. Das kleine Mädchen wird von der Mutter und den Großeltern betreut.

Appell der Kinderschützer

Sexuelle Gewalt bedeute für Kinder extreme Hilflosigkeit, Verstörung bis hin zu Todesangst und oft lebenslange Traumatisierung. Das betont die Vorsitzende des schleswig-holsteinischen Landesverbands des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB), Irene Johns. Für Eltern und Verwandte gebe es oft Warnzeichen. Etwa wenn Kinder unvermittelt verstummen, resignieren oder aggressiv werden, wenn sie sich plötzlich selbst verletzten oder sexualisiertes Verhalten zeigen, dann könnten das Anzeichen für Missbrauch sein, erläutert die Kinder-und Jugendpsychologin.

Aufmerksame Familienmitglieder, Freunde und Betreuungspersonen etwa in Kitas sollten dann „immer nach möglichen Gründen fragen und sich bei Unsicherheit unbedingt Rat oder Hilfe holen, zum Beispiel beim nächsten Kinderschutz-Zentrum oder einer Fachberatungsstelle vor Ort“, fordert die Expertin.

Täter meist aus familiärem Umfeld

Der Leiter des Kieler Kinderschutzbundes, Manuel Florian, verweist darauf, dass die Täter überwiegend aus dem direkten familiären Umfeld stammen - Familienangehörige, Nachbarn, Freunde, Personen, die die Kinder gut kennen. Kinder seien ihnen schutzlos ausgeliefert, denn sie nutzten deren Loyalität, verpflichten sie auch mit Drohungen zum Schweigen und würden ihnen die Schuld zuschieben.

Laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik wurden 2016 bundesweit fast 11 300 Verdachtsfälle auf Kindesmissbrauch, in Schleswig-Holstein knapp 500 Fälle registriert, sagt Florian. Die Dunkelziffer sei extrem hoch. Geschätzt würde höchstens ein Viertel der Taten überhaupt bekannt, noch weniger würden angezeigt und nur in einem ganz kleinen Bruchteil käme es zur Verurteilung.

Für betroffene Kinder gehe es darum, alles zu tun, um ihnen wieder gute und sichere Lebensbedingungen zu schaffen. Ein normales, unbeschwertes Leben wie bei anderen Menschen sei ihnen oft nicht möglich.

Fälle von Missbrauch durch Väter:

Väter, die ihre Kleinkinder vergewaltigen: Experten zufolge ist die Familie der Haupttatort für sexuellen Kindesmissbrauch. Fünf Fälle:

Mai 2016: Aus Eifersucht quälte ein junger Vater seinen 19 Tage alten Sohn, missbrauchte und ermordete ihn. Dafür verurteilt das Landgericht Mönchengladbach (NRW) den Mann zu lebenslanger Haft. Die Mutter schritt nicht ein. Das Urteil für sie: zwei Jahre Haft auf Bewährung.

Oktober 2014: Knapp zwei Jahre alt war das Mädchen, als es vom Vater sexuell missbraucht wurde. Außerdem stellte er Nacktaufnahmen seiner Tochter ins Internet. Das Landgericht Schwerin verurteilt den 30-Jährigen zu drei Jahren und neun Monaten Haft.

April 2014: Er ließ seine siebenjährige Tochter für Pornobilder posieren und bot sie einem Bekannten für Sex an: Zwei Jahre und neun Monate Haft lautet das Urteil des Landgerichts Gera (Thüringen) für den Vater.

Oktober 2012: Im Prozess um den Tod der vier Monate alten Amy verurteilt das Landgericht Bielefeld den 26-jährigen Täter wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Er hatte das Baby seiner Freundin vergewaltigt und so geschlagen, dass Milz und Leber einrissen.

Juni 2012: Betrunken missbrauchte er seinen Sohn und prügelte ihn zu Tode. Zehn Jahre Haft wegen Totschlags, urteilt das Landgericht Bielefeld. Der 28 Jahre alte Alkoholabhängige lebte von der Mutter des Kindes getrennt.