Hamburg. Bevor die Klausuren anstehen, drehen die Abiturienten noch einmal richtig auf: In der Mottowoche kommen sie bunt verkleidet zur Schule.

„Abi, Abi, Abi, Abitur“ – immer wieder stimmen die Schüler vom Gymnasium Eppendorf an der Hegestraße in den Jubelgesang ein und überstimmen damit sogar die Popmusik, die ohnehin schon aus den Boxen dröhnt. Bis das Abitur tatsächlich geschafft ist, sind es zwar noch ein paar Monate hin. Aber gefeiert wird schon jetzt. Fünf Tage lang, und jeden von ihnen ein bisschen anders. Mal als Hippie verkleidet, mal im Look der 1920er-Jahre oder als Hamburger Jung.

Die sogenannte Mottowoche in Hamburg – Älteren vermutlich unbekannt – ist bei den Abschlussklassen längst zur Tradition geworden. Sie findet immer in der letzten Unterrichtswoche der Abiturienten statt. Es sind die Schüler selbst, die den Verkleidungsfahrplan für die fünf Tage festlegen und das Programm gestalten.

Jede Hamburger Schule organisiertdie Mottowoche individuell

An der Hegestraße in Eppendorf hat die Mottowoche am Mittwoch begonnen und endet am kommenden Dienstag. In diesen Tagen treffen sich die Schüler der Abschlussklassen oft nach Schulschluss vor dem Schulgelände, hören Musik und feiern in ihren bunten Kostümen, dass die Schulzeit bald ein Ende hat. An diesem Freitag lautet das Motto übrigens: „Jahrzehnte“. Und da sich alle für ein anderes Jahrzehnt entschieden haben, ist im Gesamtbild ein buntes Durcheinander entstanden.

Der 19-jährige Ruben trägt zum Beispiel eine blonde Langhaarperücke, die er zum Zopf gebunden hat und eine runde Ozzy-Osbourne-Brille. Welches Jahrzehnt das sein soll? „Na, der Hippie-Look der 70er-Jahre“, sagt er. Seine 18-jährige Mitschülerin Jana hat sich für die 1960er-Jahre entschieden. Sie trägt eine gemusterte Sportleggings, eine quietschbunte Trainingsjacke sowie Stirn- und Handgelenkschweißbänder. „So wie eine Aerobictrainerin aus den 1960er-Jahren“, sagt Jana.

Die Teilnahme an der Mottowoche ist in Hamburg freiwillig

Auch am Wilhelm-Gymnasium am Klosterstieg in Harvestehude sind die Schüler in Feierlaune. Thema hier: „Hamburg“ – zumindest offiziell. Darunter können die einen vielleicht die Zitronenjette oder den Kapitän verstehen, andere verkleiden sich als dubiose Kiezgestalten.

Jede Schule in Hamburg entscheidet für sich, was das Motto ist. Aber es gibt Klassiker, die fast jedes Jahr wiederkommen, erzählen die Schüler. „Der erste Schultag“ zum Beispiel, an dem viele Schüler ihre alten Grundschulutensilien noch mal rauskramen. Oder in der Schule wird eine große Pyjamaparty veranstaltet. Ebenso gern genommen ist das Thema Kindheitshelden. Wer in den nächsten Tagen also Biene Maja oder Bernd das Brot auf Hamburgs Straßen begegnet, muss sich darüber nicht wundern.

Für die meisten Schüler an der Hegestraße ist die Mottowoche etwas Selbstverständliches. „Das gab es jedes Jahr, seitdem ich aufs Gymnasium gekommen bin“, erzählt die Abiturientin Malu. Neulich sei sie ganz überrascht gewesen, als sie von ihren Eltern erfuhr, dass es das früher gar nicht gegeben habe.

Übrigens: Bei der Mottowoche ist das Mitmachen freiwillig. Wer auf Verkleiden keine Lust hat, der kann auch in normalen Klamotten zur Schule kommen. An der Hegestraße aber nimmt der Abiturjahrgang nahezu geschlossen teil. Um noch einmal richtig zu feiern, bevor es wieder an den Schreibtisch geht. Die Abschlussprüfungen finden in Hamburg einheitlich vom 21. April bis zum 10. Mai statt.