ZIELFAHNDER Ein Jahr war Axel B., der seine Frau getötet hatte, auf der Flucht. Jetzt fassten ihn LKA-Beamte in der Küstenmetropole Vitoria.

Kristina Johrde

Christian Denso

Sonne, Tropen, Strand. Brasiliens Ostküste, ein Paradies - auch für einen Mörder auf der Flucht. Fast ein Jahr lang lebte Axel B. (39) dort unter Palmen. Der Mann, der 1995 seine Ehefrau mit einem Beil erschlagen und vergraben hatte. Im Februar 2001 war der Rahlstedter bei einem Hafturlaub geflüchtet. Monatelang schien Axel B. wie vom Erdboden verschluckt. Doch jetzt spürten ihn Zielfahnder des Hamburger Landeskriminalamtes in Südamerika auf. Am Donnerstag klickten in Vitoria, 500 Kilometer nördlich von Rio de Janeiro, die Handschellen.

Vitoria, die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Espirito Santo, 260 000 Einwohner. Eine Küstenmetropole mit feinem Sandstrand, eleganter Promenade, umgeben von bewaldeten Hügeln. Dort griff Interpol jetzt zu, verhaftete den 39-Jährigen. Noch ist ungeklärt, wie Axel B. trotz Fahndung überhaupt von Deutschland nach Brasilien gelangte - dem Fluchtziel schon manch anderer Verbrecher wie etwa dem legendären britischen Posträuber Ronald Biggs. Als Pfarrer soll der Hamburger Kirchenmusiker dort seinen Lebensunterhalt verdient haben.

Das Verbrechen, das der hagere Axel B. kurz vor Weihnachten 1995 begangen hatte, erschütterte damals Hamburg: Nach einem Ehestreit mit seiner Frau Heike (damals 29) drehte er durch, würgte sie und versetzte ihr acht Hiebe mit einem Beil. Dann warf der Mann die Leiche aus dem Fenster des gemeinsamen Hauses in Rahlstedt und verscharrte sie unter fünf Gehwegplatten im Garten. "Ich wusste nicht, was ich tat", sagte er später.

Am nächsten Tag gab Axel B. bei der Polizei eine Vermisstenanzeige auf und behauptete, seine Frau sei mit 13 000 Mark aus der Konzertkasse durchgebrannt. Die Töchter ahnten nichts von der schrecklichen Tat. Axel B. behauptete, die Mutter sei einfach verschwunden. Er nannte sie "Diebin" und "Rabenmutter." Der Richter sah später die Wurzel des Geschehens in der Ehe des Paares. "Hier haben zwei Menschen geheiratet, die nie hätten heiraten dürfen." Axel, der "von der Norm abweichende Mensch", dessen Interessen hauptsächlich seiner Musik galten. Heike, die Sekretärin, die Konsumansprüche hatte, die er nicht nachvollziehen konnte.

Die zwei Kinder schliefen, als er seine Frau so brutal tötete. Das Ehepaar hatte sich über die Trennung gestritten, die Frau hatte B. als Versager und als Kinderschänder beschimpft, behauptet, er habe die ältere Tochter, die sie mit in die Ehe gebracht hatte, angefasst. Der Vorwurf provozierte ihn. Axel B. galt vor Gericht als vermindert schuldfähig, weil ein Sachverständiger ihn als gefühlsarm, anfällig für Kränkungen beschrieben hatte. Im Juni 1996 wurde er schließlich zu acht Jahren Haft verurteilt.

Seine Freigänge aus der Haft, die ihm von Mai 2000 an gewährt wurden, verliefen immer "beanstandungsfrei", heißt es. Bis Axel B. im Februar 2001 nicht nach Glasmoor zurückkehrte. Eine unverständliche Flucht, denn Axel B. hatte beinahe zwei Drittel seiner Strafe schon abgesessen. Experten bescheinigten ihm eine hervorragende Sozialprognose. Er galt als nicht mehr gefährlich.

Der Rahlstedter sitzt jetzt in Brasilien in Auslieferungshaft und soll "möglichst bald" von Südamerika nach Deutschland überstellt werden. Bisher hat die Hamburger Polizei über das Bundeskriminalamt in Wiesbaden lediglich ein Fax von Interpol aus Brasilien erhalten - mit der dürren Nachricht, dass der 39-Jährige verhaftet wurde. Die Auslieferung könnte dauern - wie etwa der Fall des Reemtsma-Entführers Thomas Drach zeigt: Der saß 14 Monate in Argentinien im Knast, bevor er in den Flieger nach Deutschland stieg.

Eine unverständliche Flucht. Denn Axel B. hatte beinahe zwei Drittel seiner Strafe abgesessen. Er hatte eine hervorragende Sozialprognose.