BAD OLDESLOEHanseRail übernimmt die Strecke ins Industriegebiet. Claus Vogel Bad Oldesloe

Ein kleines Eisenbahnunternehmen macht möglich, was die Bahn AG aus Kostengründen angeblich nicht mehr kann: Güterverkehr auf dem städtischen Gleis ins Oldesloer Gewerbegebiet West und auf der Strecke von und nach Bad Segeberg. Ecotrans-HanseRail heißt die Firma, die jetzt frühere Bahnkunden bedient und neue dazugewinnen will - mit umfassendem Service. Den könnte es auch bald in Ahrensburg geben, denn die neue Privatbahn hat auch Interesse daran, die Unternehmen am Industriegleis zu bedienen.

"Die Kosten bestimmen die Höhe der Frachtraten, mit Dumpingpreisen können wir nicht arbeiten", dämpft Projektleiter Nils-Holger Schomann (47) Hoffnungen, die Firma werde mit Kampfpreisen einsteigen. Zuverlässigkeit habe absolute Priorität: "Wer mit uns fährt, der hat garantiert zum vereinbarten Zeitpunkt die Waggons auf dem Firmengelände."

Die Unzufriedenheit der Bahnkunden war Schomann bei seiner Arbeit als Filmemacher für den Norddeutschen Rundfunk aufgefallen. Bei Reportageterminen klagten Firmenchefs über mangelnden Service des früheren Monopolisten. Als der vor rund einem Jahr ankündigte, er werde den Güterverkehr auf Industriegleisen und Nebenstrecken einstellen, griff Nils-Holger Schomann zu. Der Diplomdesigner holte sich fachlichen Rat bei Ecotrans, einem Hamburger Spezialisten für Verkehrskommunikationssysteme, und gründete das gemeinsame Unternehmen HanseRail.

Für den Fahrbetrieb verpflichtete der Fracht-Dienstleister die Schienentochter einer internationalen Spedition, die Hoyer Railserv. Deren 18 Lokführer - die meisten von der früheren DDR-Reichsbahn übernommen - fühlen sich schon seit längerem in Stormarn zu Hause. Täglich fahren sie je einen Containerzug von Hamburg zum Hafen Travemünde und zurück. Die für Bad Segeberg und Bad Oldesloe bestimmten Waggons werden auf dem Oldesloer Bahnhof abgekoppelt und mittwochs und sonnabends von einer Hoyer-Lok zu den Kunden gezogen. In Bad Oldesloe ist derzeit der Stahlhändler Pätau-Possehl größter Kunde. Allerdings hofft Projektleiter Schomann, dass sich weitere Unternehmen in dem rund sieben Hektar großen Gewerbegebiet West ansiedeln. Auch die Firma Hiss Reet prüft derzeit, ob sich der Bahntransport des Dachdeckermaterials aus Rumänien mit der Privatbahn rechnet. 600 Waggons jährlich würden rollen.

Ausbaufähig ist auch der Transport auf der Segeberger Stecke. Schon jetzt fahren mit Holz beladene Waggons zu Zellulosefabriken in der Tschechischen Republik, Propangas-Tankwagen kommen zu Primagas, und die Produkte der Glaswerke in Wahlstedt werden abgeholt. Für diese Firma möchte HanseRail künftig auch den zur Glasproduktion benötigten Quarzsand transportieren.

Bad Oldesloe bringt das Engagement von HanseRail derzeit 5200 Euro Mieteinnahmen jährlich für das Industriegleis und attraktive Voraussetzungen für die Ansiedlung neuer Firmen, die auf Schienenanbindung angewiesen sind. Schomann überlegt auch, ob sich eine Anlage für das Umladen von Containern auf Lkw im Gewerbegebiet West nahe der Autobahn 21 lohnt.

Eine zweite Privatbahn nutzt bereits den Bahnhof: Die westfälische Almetalbahn befördert über Bad Oldesloe Dolomit aus dem Harz zu den Wahlstedter Glasbläsern.

Einen wirtschaftlichen Auftrieb erhofft sich Schomann von der Lkw-Maut auf Autobahnen: "Die 1,5 Euro pro gefahrenen Kilometer liegen zwar deutlich unter den 2,3 Euro, die wir an die Bahn für die Gleisnutzung zahlen müssen. Die Abgabe macht uns aber wettbewerbsfähiger."

Chancen für Privatbahnen sieht auch der CDU-Landtagsabgeordnete Uwe Eichelberg aus Großhansdorf. Grund: Der Rückzug der Deutschen Bahn AG. Nur Kiel und Lübeck hätten bald noch von der DB bediente Industriegleise. Bundes- und Landesregierung wirft der wirtschaftspolitische Fraktionssprecher grobe Fehler vor. Statt mehr Fracht von der Straße auf die Schiene zu verlagern, ziehe sich die Bahn AG immer mehr aus Schleswig-Holstein zurück. Viele Millionen Mark seien für Bau und Erhalt von Industriegleisen geflossen. Sie drohten zu Fehlinvestitionen zu werden.

"Wer mit uns fährt, der hat garantiert zum vereinbarten Zeitpunkt die Waggons auf dem Firmengelände." Nils-Holger Schomann, HanseRail-Projektleiter