Barbara Halata

Was bleibt, wenn sich Frauen und Männer etwa in der Lebensmitte Gedanken machen, wie sie im Alter wohnen wollen? Es bleibt die Hoffnung, möglichst lange selbstständig und selbstbestimmt in gewohnter Umgebung mit funktionierenden nachbarschaftlichen Beziehungen leben zu können. Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn sie notwenig wird. Anderen - sozusagen als Gegenleistung, aber auch als Gemeinschaftsaufgabe - Hilfestellungen zu geben, wo diese sie dringend benötigen. So kann jeder seine Fähigkeiten zum Wohle einer selbst gewählten Gemeinschaft einbringen. Kein Wunder, dass der gemeinsame Nenner für eine solche Lösung nur sein kann: Wohngemeinschaft Jung und Alt (WGJA).

Eben diesen Namen hat sich ein Verein gegeben, der seit 1980, also schon seit mehr als 20 Jahren, Ideen des gemeinschaftlichen Wohnens mit Interessierten in Projekte umsetzt. Margret Gehrke, seit 12 Jahren im Verein für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, gibt allerdings - aus langjähriger Erfahrung - auch einige Punkte zu bedenken: "Bei aller Euphorie, die ich nicht mildern möchte, sollten Interessierte einkalkulieren, dass der Alltag und die Nähe auch Konflikte bringen, dass man nicht in eine so genannte heile Welt ziehen wird. Andererseits ist diese Konstellation des Wohnens ideal für Familien mit Kindern, für Alleinerziehende und meistens auch für ältere Menschen."

Fast alle Projekte in Hamburg - und das sind mittlerweile sieben -

sind begleitet worden oder werden begleitet von der Architektin Iris Neitmann. Seit sie 1985 ihr erstes Wohnobjekt für Mitglieder des Vereins realisiert hatte, ist sie mittlerweile fast schon zu einer Institution geworden. "Am schwierigsten war es anfangs, dem Widerstand der Stadt zum Beispiel bei Objekten des öffentlich geförderten Wohnraums zu begegnen und mit guten Argumenten zu überzeugen. Inzwischen haben wir ganz unterschiedliche Formen entdeckt: Außer dem öffentlich geförderten Wohnungsbau gibt es genossenschaftliches Bauen, Eigentumsmodelle, Mischformen. Und als neu geplantes Objekt in der Max-Brauer-Allee eine Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Kultur."

Wohngemeinschaft Jung und Alt, Beim Schlump 55, 20144 Hamburg, Telefon/Fax 41 35 02 55

Projekt Lutterothstraße

Sabine Fiebelkorn (47) ist Sekretärin und seit 16 Jahren Mitglied im Verein. Im April oder Mai wird sie ihre Eigentumswohnung

in dem neuen Projekt Lutterothstraße in Eimsbüttel beziehen. "Wir hätten gern mehr ältere Menschen dabei gehabt. Es hat sich aber leider nicht so ergeben. Die älteste von uns ist 50 Jahre alt." Immerhin: 20 Kinder werden für Abwechslung sorgen. Die Mischung der sozialen Struktur ist relativ homogen: "Die meisten von uns haben studiert. Und haben sich viele Gedanken gemacht über das Zusammenleben im Alter. Uns verbindet die gemeinsame Planung und Umsetzung des Projekts."

Projekt Behringstraße

Peter (62) und Gabriele (58) Teckentrup haben früher zur Miete gewohnt. Vor drei Jahren sind sie in eine Eigentumswohnung an der Behringstraße gezogen. "Wir haben Gemeinschaft gesucht, aber eine Wohngemeinschaft wäre uns zu eng gewesen." Im Projekt Behringstraße wohnen Menschen im Alter zwischen 30 und 69 Jahren. "Nicht alle Vorstellungen lassen sich realisieren. Zum Beispiel sind die Jüngeren berufstätig - und die Älteren sind tagsüber doch allein."

Gemeinschaft Kriegerdankweg

Ekkehard (63) und Erika (58) Banas leben noch in ihrem Ein-Familien-Haus in Schnelsen. Aus dem Stadtteil möchten sie nicht weg, wohl aber ihr Haus verkaufen: "Es wird uns zu viel Arbeit machen, je älter wir werden. Deswegen haben wir uns der Bauherrengemeinschaft angeschlossen, die am Kriegerdankweg zwei Häuser mit Eigentumswohnungen errichten wird." Familie Banas hofft auf eine gute Mischung der Bewohner: "Auch Behinderte sollen dabei sein."

Projekt Max-Brauer-Allee

Gisela Machalitza (66) ist seit sechs Jahren Witwe, wohnt in Neugraben. "Und damit weit ab vom Schuss", wie sie spöttisch sagt. "Ich habe schon lange so etwas im Sinn wie gemeinschaftliches Wohnen, so dass man eine Art Familie bilden kann. Es geht mir nicht nur um das Helfen, sondern auch um die Möglichkeit von Kontakten und um Eigeninitiative. Ich möchte zum Beispiel gern einen Gesprächskreis anbieten für die vielen Singles." Gisela Machalitza beteiligt sich an der Planung des Projekts MAX-B und rechnet damit, dass sie in etwa drei Jahren an der Max-Brauer-Allee einziehen kann.