kn Kisdorf - Der spektakuläre Mord an dem Kisdorfer Dachdecker Volker Lücke beschäftigt die Behörden auch nach fast sieben Jahren immer noch. Ehefrau Valerie Lücke, die den Mord in Auftrag gegeben hatte, und drei Mittelsmänner, die den Täter in Berlin angeheuert hatten, sind bereits zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der mutmaßliche Mörder aber wartet noch immer auf ein Urteil: Seit einem Jahr wird vor dem Bezirksgericht im polnischen Posen gegen Maciej K. verhandelt, am 13. August, so teilte das Gericht der Norderstedter Zeitung gestern auf Anfrage mit, wird das Urteil gesprochen.

In den Blickpunkt der Öffentlichkeit ist der Mordfall jetzt wieder durch einen Bericht in der Wochenzeitung "Die Zeit" gerückt: Im Dossier wird das Schicksal von Valerie Lücke durchleuchtet: "Ein Lehrstück über Gewalt in der Familie" nennt Autorin Sabine Rückert ihren Bericht im Untertitel, schildert den Leidensweg der Frau, die ihren Mann ermorden ließ und erwähnt ausführlich die tätlichen Angriffe ihres Ehemannes. Die objektive Schuld an der Ermordung ihres Ehemannes wird in der "Zeit" nicht bestritten. 50 000 Mark habe Valerie Lücke bezahlt, "um der Ehe ein Schrecken mit Ende" zu machen. Aber die Autorin zeichnete ein Psychogram der Ehefrau, das den Schluss zulässt, die jetzt in der Justizvollzugsanstalt zu lebenslanger Freiheitsstrafe eingesperrte Valerie Lücke sei das Opfer von gewalttätigen Männern gewesen, mit denen sie sich seit ihrer Kindheit umgab oder zwangsläufig umgeben musste.

Die Kindheit zwischen Bordellen auf St. Pauli, der trunksüchtige und gewalttätige Vater, der erste Ehemann, der sie zur Prostitution in einem Club brachte, dann Volker Lücke, der sie begehrte, sie umwarb und umschmeichelte: Die "Zeit" schreibt vom "Traum zweier Benachteiligter, aus eigener Kraft eines Tages in die stabile Welt des Bürgertums vorzudringen."

Sie schaffen es reich zu werden; denn Volker Lücke verdient mit seinem Dachdeckergeschäft Millionen. Doch er wird gewalttätig und demütigt seine Frau, die mehrmals versucht, von zu Hause zu flüchten.

Urte König, Vorsitzende des Kinderschutzbundes in Kisdorf, hat heute noch Kontakt zu Valerie Lücke: Gelegentliche Besuche im Lübecker Gefängnis, gelegentliche Telefonate - Valerie Lücke sieht in der Kisdorferin eine Vertraute und empfahl sie der "Zeit"-Autorin als Gesprächspartnerin. Frau Lücke sei eine "gequälte Kreatur", "ein Regenwurm, auf den immerzu getreten wird." So wird Urte König zitiert. Die "graumähnige erste Vorsitzende des Kinderschutzbundes" hat Valerie Lücke tatsächlich häufig beim Einkaufen in Kisdorf getroffen und ist dabei mit ihr ins Gespräch gekommen. "Wir kannten uns, so wie man sich im Dorf eben kennt", erzählt sie gegenüber der Norderstedter Zeitung. Schon zwei Jahre vor dem Mord habe sie geäußert, ihren Mann eines Tages totschlagen zu wollen. Volker Lücke hingegen hat Urte König nur einmal gesprochen: "Das war nach einer Gemeinderatssitzung." Welche Erinnerungen hat sie an ihn? "Keine besonderen, er kam mir damals wie ein ganz normaler Mann vor."

Der langsame Weg in die Katastrophe wird von der "Zeit" auf drei Seiten ausgebreitet. Der Höhepunkt sorgte für Schlagzeilen: Valerie Lücke fasste den Mordplan Anfang 1994, zog eine Freundin ins Vertrauen, die wiederum den Lebensgefährten beauftragte, einen Berufskiller zu finden. Der schaltete seinen Freund ein, der im Hamburger Rotlichtmilieu schließlich einen jungen Polen auftrieb und ihn als Mörder von Volker Lücke anheuerte. Am 17. Dezember 1994 wurde der Dachdecker vor seinem Haus ermordet. Aber erst zwei Jahre später stand fest, dass Valerie Lücke Drahtzieherin des Mordes war.