NEUES LEBEN Dienstwagen, City-Büro, Modelle von Neubauten. Nach dem Finanzknall in Sachen Stadion arbeitet er an seinem Comeback.

Jens Meyer-Odewald

Zwei Tage vor Heiligabend war Schluss: Am 22. Dezember 2000 meldete der Kaufmann Andreas C. Wankum Konkurs an. Seine Immobilienfirma Deuteron war zusammengebrochen, die Kalkulation für das neue Volksparkstadion ebenso. Und zwar mit Pauken und Trompeten. Die Insolvenzverwalter haben heute Mühe, den Schaden auf den Punkt zu bringen. Insgesamt stehen 455 Millionen Mark an Forderungen und Gegenforderungen zu Buche.

Kann man da ruhig schlafen? Wie lebt es sich mit Schulden in Millionenhöhe und Vorwürfen, Geschäftspartner "über den Tisch gezogen" zu haben? Und wie lebt es sich mit kaum mehr als 2000 Mark monatlich?Jede Mark darüber wird eingezogen.

Auf den ersten Blick nicht schlecht. Wankum lebt in noblem Ambiente. Und vor Kummer abgemagert sieht er auch nicht aus. Im Gegenteil: Voll vitaler Lebenskraft sitzt Andreas C. Wankum an seinem Schreibtisch, zieht an einem Zigarillo, Marke Petit, und blickt von den Großen Bleichen über die Dächer der Stadt. Bauzeichnungen im Hintergrund belegen, dass es neue Pläne gibt.

Also: Kann man da noch ruhig schlafen, Herr Wankum? Der Baumogul a. D. zögert, rutscht auf seinem Ledersessel hin und her, inhaliert Tabakrauch, nippt an der Teetasse. Greift dann in sein schwarzes Sakko und zieht eine Tablettenpackung hervor: Auf den Magen geschlagen sei ihm die Sache schon. Geschmerzt habe vor allem das Finale des gigantischen Monopolyspiels, als ihn HSV-Präsident Werner Hackmann ausgetrickst habe. Da seien nicht nur das private Vermögen, angeblich mehr als hundert Millionen Mark, pulverisiert worden, sondern auch Selbstbewusstsein und Lebensfreude. Vom Ansehen ganz zu schweigen.

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sichs gänzlich ungeniert. Stimmt das, Herr Wankum? "Keinesfalls!", entgegnet der CDU-Politiker, der sein Amt als Landesschatzmeister der Partei nach dem Stadion-Desaster zurückgab und heute die Kassen des Kreisverbandes Nord verwaltet.

Und wie siehts finanziell aus? Erst einmal läuft das lustvolle Leben auf Sparflamme. Zwar wirkt Wankum seit Jahresbeginn als Geschäftsführer der oneVest Developments GmbH, doch werden Einkünfte oberhalb von rund 2000 Mark einbehalten. Wegen der Gläubiger. Die Immobilien-firma selbst hat vier Mitarbeiter und steht im Besitz der Ehefrau.

Andreas Wankum ist Angestellter. Der Mercedes? Ein Dienstwagen. Wer zahlt den Lebenswandel, der mit 2000 Mark garantiert nicht zu begleichen ist? Familie und Freunde stehen als Stützen da. Läuft juristisch alles im Rahmen, kann Wankum von 2010 an wieder auf eigene Rechnung arbeiten. Schon jetzt plant Wankum neue Bauobjekte.

Stimmt es, Herr Wankum, dass Sie kurz vor dem großen Finanzknall Millionen aus dem Privatvermögen ins Eigentum der Ehefrau transferiert haben, wie es gemunkelt wird? "Das ist eine infame Lüge", entgegnet Wankum. "Ich habe wirtschaftlich Kopf und Kragen hingehalten und zudem freiwillig draufgezahlt." Gut, er habe sich übernommen und verschätzt, dafür aber schließlich auch mit seinem gesamten, selbst erarbeiteten Vermögen bezahlt.

Ergreift ihn da die Reue? Wankum grübelt. "Ja schon, aber insgesamt habe ich gute Arbeit geleistet. Ohne mich gäbe es heute kein modernes Stadion - wahrscheinlich wäre der HSV ruiniert und in den Niederungen der Zweitklassigkeit versunken."

Andererseits schmerzt die Schmach. Fotos von Wankum mit Peres, Scharon, Gorbatschow, Kohl, Herzog, Rau und anderen neben dem Schreibtisch dokumentieren: Andreas Wankum hat gerne am großen Rad gedreht. Vielleicht ist der Imageverlust niederschmetternder als materieller Aderlass.