Wissenschaftler glauben eine plausible Erklärung für die Sintflut gefunden zu haben. In der Region um das Schwarze Meer soll nach neuesten Forschungen der biblische Weltuntergang stattgefunden haben.

Das Wasser strömte auf die Erde. Die Kontinente brachen auseinander und versanken in den Wellen", erzählen die Hopi-Indianer. Nach der biblischen Schöpfungsgeschichte "brachen alle Quellen der gewaltigen Urflut auf, und die Schleusen des Himmels öffneten sich, um das Wasser hundertfünfzig Tage lang auf der Erde anschwellen zu lassen".

Der Abschluss der letzten Tauchexpedition des "Titanic"- und "Bismarck"-Entdeckers Robert Ballard im Schwarzen Meer rücken die biblische Saga vom Untergang der Menschheit durch eine große Flut wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Ballard wollte weitere Belege für eine von den New Yorker Geophysikern Walter Pitman und William Ryan aufgestellte These finden. Danach basiert die Sintflutgeschichte auf der Überflutung ehemaliger Küstengebiete des Schwarzen Meeres vor 7600 Jahren. Während der letzten großen Eiszeit war durch das Vorrücken der Gletscher der Meeresspiegel um 120 Meter gesunken und stieg nach ihrem Ende vor rund 12 000 Jahren wieder an. Nur das Schwarze Meer lag als Süßwassersee weiterhin tiefer, weil es vom Mittelmeer durch eine Landbrücke getrennt war. Vor rund 7600 Jahren sei diese dann durch den immer stärkeren Druck gebrochen. Fast zwei Jahre lang strömten täglich rund 16 Kubikkilometer Salzwasser ins Schwarze Meer, wobei der Wasserspiegel um 15 Zentimeter pro Tag stieg. Das Getöse dieses gigantischen Wasserfalls muss 100 Kilometer weit zu hören gewesen sein. "Ein Horrorereignis für die Menschen dieser Gegend", erklärt Walter Pitman. "Die Bauern, die zuvor aus dem wärmeren Zweistromland am Ende der letzten Eiszeit im Küstengebiet des Süßwassersees gesiedelt hatten, flohen vermutlich in ihre angestammte Heimat zurück und brachten dabei die Berichte über die jüngste Flutkatastrophe mit."

Ballard konnte mit seinen Forschungen Pitmans und Ryans Theorie bestätigen: "Wir loteten die alte ehemalige Küstenlinie in einer Tiefe von 150 Metern aus. Wir fanden auf diesem Küstenstreifen Muscheln. Diese waren eine Mischung von Süß- und Salzwassermuscheln; ihr Alter reicht von 2000 bis 15 000 v. Chr. Wir konnten das Datum, an dem die Flut sich ereignete, bestätigen."

Andere Funde harren noch der Untersuchung. "Auf dem ehemaligen Küstenstreifen fanden wir in 100 Meter Tiefe antike Karrees, die auf menschliche Behausung schließen lassen. Wir fanden Holzbänke und Holzverstrebungen. Bodenuntersuchungen ergaben Hinweise auf menschliche Behausungen, nur kennen wir nicht ihr genaues Alter. Wir müssen im nächsten Sommer zurückkehren, um genaue Altersdatierungen durchzuführen."

Dass unsere Welt einmal in einer gewaltigen Katastrophe wie einer vernichtenden Sintflut enden könnte, zählt zu den Urängsten der Menschheit. Von allen fabulierten Möglichkeiten der Apokalypse übt die der Sintflut wohl immer wieder die größte Faszination aus. Immer wieder in der Geschichte der Menschheit werden Lebensräume durch Fluten zerstört. Das zeigen auch die letzten Überschwemmungskatastrophen in den Alpen. Auf der anderen Seite glaubten die Menschen, dass Fluten den Kreislauf des Lebens in Gang halten.

Von allen Sintflutmythen zählt der biblische zu den ältesten und bekanntesten Schilderungen einer weltweiten Urkatastrophe, auch wenn sein Vorbild im sumerischen Gilgamesch-Epos liegen dürfte. Ähnlich wie in der Bibel wird dort von einer großen Flut und der Rettung Auserwählter mit einem großen Schiff berichtet. Hat die Bibel doch Recht? War die Sintflut eine weltweite oder lokale Katastrophe? Über diese Frage wird bis heute diskutiert. Schon 1922 glaubte der britische Archäologe Charles Leonard Woolley, die geologischen Spuren der biblischen Sintflut gefunden zu haben. Unter der Königsstadt Ur fand er eine drei Meter dicke Schlammschicht. Sie enthielt keine Spuren menschlichen Lebens, während darüber und darunter Relikte der ersten Siedler im Süden Mesopotamiens entdeckt wurden. Bei späteren Grabungen und Bohrungen in der Umgebung von Ur war die Schlammschicht nicht aufzuspüren. Die Schlickablagerungen blieben auf wenige Quadratkilometer begrenzt - nur eine von tausend Schlammschichten, die die Überschwemmungen von Euphrat und Tigris hinterließen.

Eine Zeit lang schien es so, dass die Wissenschaft einem globalen Sintflutereignis auf der Spur war. 1981 hatten die amerikanischen Physiker Walter und Luis Alvarez Arbeiten über den Tod der Dinosaurier durch einen Meteoriteneinschlag vor 65 Millionen Jahren veröffentlicht. Darauf folgende Forschungen über die Auswirkungen gewaltiger Meteoriteneinschläge ergaben, dass solche Ereignisse wolkenkratzerhohe, wenn nicht sogar gebirgshohe Flutwellen hervorrufen können. Der Wiener Geologe Alexander Tollmann meinte in seinem 1993 erschienenen Buch "Und die Sintflut gab es doch", dass die frühe Menschheit vor fast 10 000 Jahren von einem derartigen Einschlag fast vernichtet worden wäre. Selbst das Datum konnte Tollmann nennen: "Die Sintflut fand um 3 Uhr MEZ am 23. 11. vor 9545 Jahren statt - plus/minus zwei Jahrzehnte."

Wie so etwas ablaufen könnte, zeigte 1992 der Einschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf dem Jupiter. Als Beweis führte Tollmann die Tektitfelder vor der Ostküste Australiens an. Diese glasartigen, schwarzen Kiesel, die durch die Gluthitze beim Aufprall von Meteoriten entstehen, sollten nach damaligen radiometrischen Messungen 14 600 Jahre alte Überreste von einem der Meteoriteneinschläge der Sintflut sein. Kurze Zeit später vorgenommene Untersuchungen ergaben jedoch ein Alter von 760 000 Jahren, weitere weltumspannenden Spuren wurden bisher nicht gefunden. Es wundert nicht, dass Geologen und Archäologen sich wieder lokalen Ursachen zuwandten und den Raum untersuchten, in dem die ersten Kulturen entstanden waren: Mesopotamien, Anatolien sowie die Region um das Schwarze Meer. Wieder waren es Keilschrifttafeln, die über den Untergang einer Zivilisation berichteten und den bulgarischen Ozeanologen Petko Dimitroff sowie Pitman und Ryan auf die Spur versunkener Küstengebiete brachten. Bohrungen in hundert Meter Wassertiefe brachten Pflanzen- und Muschelreste zu Tage, Hinweise auf einen einstigen Süßwassersee mit entsprechenden Küsten und die schlagartige Vernichtung dieses Gebietes. Schwarzmeerbauern, die fliehen konnten, exportierten ihre Errungenschaften in alle Himmelsrichtungen. "Die Kulturexplosion kurz nach der Fluchtwelle, wie Hüttenbau, Ackerbautechnik und der Beginn des Kupferzeitalters, ist nicht zuletzt durch die Flucht aus dieser ältesten Kornkammer der Welt ausgelöst worden", sagt Ryan. "In diesem Fall hätte die Sintflut tatsächlich einen Kreislauf des Lebens in Gang gesetzt."

Doch ob diese Funde im Schwarzen Meer wirklich die Lösung des Rätsels Sintflut sind, darauf will sich Ballard nicht festlegen, zumal auch diese Flut keinen planetaren Charakter besaß: "Aber die Alten verstanden unter Welt auch etwas ganz anderes als wir heute. Aus ihrer Sicht war die Schwarzmeer-Sintflut tatsächlich der Weltuntergang."

Forscher vermuten, dass der gewaltige Einschlag eines Meteoriten die Überschwemmung ausgelöst haben könnte.

Zu den Urängsten der Menschheit zählt die Furcht vor dem Untergang der Welt in einer alles vernichtenden Katastrophe.