Von BIRGIT WEIGART

Sie beschützen uns, riskieren ihr Leben für uns, verpassen uns vielleicht mal ein Strafmandat. Und sie haben keinen deutschen Pass. Immer mehr Männer und Frauen, die nicht in Deutschland geboren wurden und mit einer anderen Muttersprache aufgewachsen sind, ergreifen einen Beruf, der bis 1993 nur deutschen Staatsbürgern vorbehalten war: Sie werden Polizeibeamte.

In Hamburg tun inzwischen knapp 60 Polizisten ausländischer Herkunft ihren Dienst. Vor zwei Jahren wurden zum ersten Mal zwei Männer ausländischer Herkunft zu Polizeikommissaren ernannt: ein Portugiese und ein eingebürgerter Tunesier, Tendenz steigend. Vergangenen Donnerstag erst stellte die Stadt 92 Männer und Frauen für die Ausbildung zum gehobenen Dienst ein - vier von ihnen stammen aus Ex-Jugoslawien.

"Wir wollen, dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung auch in der Polizei widerspiegelt", sagt Martin Dörnte (44). Der Hauptkommissar ist zuständig für die Einstellungsberatung von Bewerbern ausländischer Herkunft. "Wir möchten mit der Einstellung von Ausländern ein Stück Normalität schaffen, die in anderen Berufsgruppen schon längst Alltag ist."

Eine Polizistin ohne deutschen Pass ist Evi Theodoridou (25). Ihre Eltern sind 1962 aus Griechenland nach Deutschland gekommen. Evi machte ihr Abitur in Delmenhorst und begann Jura zu studieren. Das Fach war ihr zu trocken, aber ganz aus diesem Bereich wollte sie nicht heraus. "Also habe ich mich bei der Polizeischule beworben", sagt sie lachend. Seit dem 1. Februar ist sie als Polizeianwärterin im Dienst, derzeit im zweiten Semester zur Ausbildung zum Polizeimeister.

Negative Erfahrungen als Nichtdeutsche hat sie bislang noch nicht gemacht. Ganz im Gegenteil. "Zwar reagieren die Leute auf der Straße oft mit Skepsis: eine Frau als Polizistin und dann auch noch Ausländerin! Aber ich glaube, das sind nur Berührungsängste. Nach dem ersten Kontakt ist alles ganz normal." Auch Muhsin Düzgün (23) ist im 2. Semester der Hamburger Polizeischule. Er ist Türke, aber in Altona geboren und aufgewachsen. "Irgendwie komme ich aus Hamburg nicht weg", sagt er und grinst. "Eigentlich wollte ich nie Polizist werden. Ich dachte, als Ausländer könnte man das gar nicht." Eine türkische Freundin hatte ihm aber so lange von ihrem Polizeiberuf vorgeschwärmt, bis er sich einfach beworben hat. "Meine Familie ist sehr stolz auf mich", erzählt Düzgün. "Ich denke, es ist etwas Besonderes, als Ausländer bei der Polizei zu sein." Mit deutschen Kollegen habe er keine Schwierigkeiten. "Klar, machen die mal Witze wie ,Dönerwetter', aber das ist nie böse gemeint."

Dabei ist er mit der deutschen Kultur nicht so verbunden. Zu Hause spricht seine Familie, die seit Anfang der Siebziger in Hamburg lebt, nur türkisch, sein gesamter Freundeskreis besteht aus Türken. Fühlt er sich als Deutscher oder als Türke? "Ich habe etwas von beiden Seiten. Je nach Situation schalte ich um: Bin ich im Dienst, denke ich mehr in der deutschen Mentalität. Privat und zu Hause bin ich eher Türke."

Seine Abstammung verschafft ihm nur Vorteile. "Ich glaube, ich bin wie eine Brücke zwischen beiden Kulturen", sagt Düzgün. "Die Herkunft ist im Job völlig zweitrangig", sagt Mehmet Güngör (27). "Es kommt nur darauf an, was für ein Mensch man ist und wie man sich einführt."

Er hat vor zwei Jahren seine türkische Staatsbürgerschaft gegen die deutsche getauscht. "Im Dienst helfen mir meine Sprachkenntnisse sehr. Wir waren mal bei einem Einbruch bei einer türkischen Familie, die kein Wort Deutsch sprach. Wäre ich nicht dabei gewesen, hätten wir nicht einmal aufnehmen können, was überhaupt gestohlen wurde."

Andererseits hatte er es anfangs nicht leicht. "Die ersten paar Monate ließ man mich - vielleicht wegen meines dunklen Teints - nicht ohne weiteres zu den Umkleideräumen. In gebrochenem Deutsch wurde mir erklärt, wenn ich eine Aussage machen wolle, müsste ich einen Stock tiefer gehen." Als Pionier sieht er sich nicht. "Wir drei waren nicht die ersten Ausländer bei der Polizei und werden auch nicht die letzten sein."