Von NATALY BOMBECK

Seit Wochen kündigen es Plakate auf Litfaßsäulen und Anzeigen in Hamburgs Tageszeitungen an: Ein Kampfhund springt vor Freude fast in die Elbe, denn "Cats" verläßt am 28. Januar 2001 Hamburg. Für immer! Galgenhumor nennen das einige Mitarbeiter im Operettenhaus, wo das Musical am 18. April 1986 Premiere feierte. Denn immerhin sahen bisher rund sechs Millionen Zuschauer in mehr als 6000 Vorstellungen die munteren Katzen mit den gar so menschenähnlichen Charakteren auf ihrer Müllhalde tanzen.

"Traurig und echt wehmütig bin ich. Schließlich arbeite ich seit elf Jahren hier, habe das Haus und die Mitarbeiter in mein Herz geschlossen. Wenn ,Cats' geht, geht auch ein Teil meines Privatlebens", beschreibt Tobias Mandelartz (31), Inspizient in Andrew Lloyd Webbers Musical seine Gefühle. Und dabei gehört er noch zu jenen Mitarbeitern, die zunächst für drei Monate zur Einarbeitung der Stuttgarter Crew dabei sind.

Wenn Hamburgs Erfolgsmusical nach Stuttgart wandert, startet es unter neuen Voraussetzungen und mit einer neuen Besetzung. Aus London kommt eine "Cats"-Tournee-Theaterproduktion mit reduziertem Bühnenbild und leicht veränderten Kostümen und Requisite. Auch das bisher in Stuttgart von "Die Schöne und das Biest" belegte Theater muss verkleinert werden. Der zweite Rang in der Stuttgarter Musical Hall wird abgehangen, um die tanzenden "Cats" für die Zuschauer in nicht zu weite Ferne zu rücken.

",Cats' ist eine Herzenssache, und insofern war ich zunächst richtig bestürzt, als ich hörte, dass diese Supershow Hamburg verlässt. Vor allem die vielen Fans riefen immer wieder an und wollten den Grund wissen. Seit Wochen schreiben sie rührende Briefe an ihre Stars. Am letzten Tag wird es hier wohl einen sehr tränenreichen Abschied geben", sagt Gisela Mandelartz (53), die seit fünf Jahren am Bühneneingang des Operettenhauses arbeitet. Sie kennt jeden Künstler mit seinen Sorgen, Fans und Freuden persönlich. "Die ,Cats'-Leute sind eine herrlich junge, fröhliche und sehr höfliche Großfamilie. Ich hatte da immer ein bisschen die Mutterrolle und kann mir gar nicht vorstellen, wie es einmal ohne die werden soll", sagt sie. Rund 300 Mitarbeiter sind vom Weggang der Show betroffen, viele hoffen auf eine Weiterbeschäftigung in Hamburg.

"Im späten Frühling starten wir im Operettenhaus mit der neuen Broadway-Show ,Fosse'. Eine sehr tanzfreudige und erotische Geschichte um den US-Choreographen Bob Fosse, der auch ,Cabaret' mit inszenierte", erzählt Theaterleiterin Christiane Kaiser. Das Musical Fosse ist die erste neue Stella-Produktion, die aus dem Operettenhaus in Zukunft ein Premierentheater machen soll. Schon neun Monate später folgt der Broadway-Hit "Contact". "Bei allen Shows wird es sich um schnell auf- und abbaubare Tournee-Versionen handeln, die eigene Künstler mitbringen. Bei ,Fosse' werden es nur noch rund 20 sein", erklärt Christiane Kaiser das neue Stella-Konzept. Für die "Cats"-Truppe bedeutet das zum Teil neue Arbeitsplätze, einige bangen aber auch um ihren Job. Denn noch ist nicht klar, wer alles mit nach Stuttgart geht und wer in Hamburg weiterbeschäftigt wird. "Ich hoffe, dass die meisten von uns übernommen werden und das Operettenhaus genug Integrationskraft für die neuen Stücke hat. Denn schließlich haben wir hier einen super Standort und mit den neuen Stücken erwartet uns alle eine tolle Herausforderung", sagt Arnulf Kaas, demnächst Produktionsmanager für die neuen Shows.

Er war bereits zur "Fosse"-Show-Besichtigung in London und rechnet mit einer sechs- bis achtwöchigten Renovierung des Operettenhaus-Foyers sowie des Hinterbühnenbereichs. "Neben einem neuen Bühnenbild und einer aufwendigen Lichttechnik mit 60 Moving Lights soll der Zuschauerraum von 1127 auf 1170 Plätze anwachsen", erzählt Kaas.

Doch zuvor heißt es für "Cats" Abschied nehmen. Am 28. Januar um 17 Uhr startet die letzte Vorstellung mit anschließender Farewell-Party. Schon jetzt hat der Run auf die letzten Karten begonnen, und seit einigen Tagen ist das Operettenhaus wieder täglich ausverkauft.