Zwei Brüder aus dem Alten Land betreten Neuland: Erstmals spielten Engin und Deniz Baris mit dem Eimsbütteler TV und dem FC St. Pauli in der Oberliga gegeneinander. Bülent, der Dritte im Bunde, konnte nur zugucken.

Von FOLKE HAVEKOST

Neuenfelde - So recht entscheiden mochte sich Bülent Baris nicht. "Ich setze auf Unentschieden", blieb er diplomatisch: "Ich kann ja nicht gegen Engin oder Deniz tippen." Alle drei fingen einst als F-Jugendfußballer unter dem heutigen Ligatrainer Stefan Arlt beim SV Este 06/70 mit dem Kicken an, führten im Herrenbereich die Neuenfelder gemeinsam nach oben. Nun spielten Bülents jüngere Brüder um Oberliga-Punkte - gegeneinander: Deniz (23) für St. Paulis Amateure, Engin (24) für den Eimsbütteler TV.

70 Minuten musste der 26 Jahre alte Bülent allerdings auf den Rängen ausharren, bis er seine Brüder zum allerersten Mal gegeneinander spielen sah. Während Deniz in der Anfangsformation stand und als Chef der Abwehrkette fungierte, wurde Engin erst 20 Minuten vor Schluss eingewechselt. "Ich wollte ihn eigentlich als Libero von Beginn an bringen", erklärte ETV-Trainer Bert Ehm, "aber dafür ist er auf dem Platz zu leise".

So blieb die Einwechslung zum Brüderduell als zentraler Mittelfeldspieler - zu einem Zeitpunkt, als das Spiel längst entschieden war. Der FC St. Pauli führte 4:0, da konnte auch Engin nichts mehr herumreißen. Sein präziser Pass auf Jörn Großkopf hätte beinahe noch für den Ehrentreffer gesorgt, doch kurz vor Schluss markierte der vom Harburger TB zum FC St. Pauli gewechselte Jens Matthies mit einem Traumtor den 5:0-Endstand.

Also auch ein 0:1 im Brüder-Duell für Engin. "Schade, dass ich nicht von Anfang an gegen mein Bruderherz spielen durfte, aber es ist dennoch schön", sah er das Positive. Ein Kompliment vom Trainer gab es dazu: "Heute hat er gezeigt, dass er Fußball spielen kann", sagte Ehm. Zumal Dabeisein für Engin nicht nur in olympischen Tagen wertvoll ist. Neun Monate lang spielte er nicht wettkampfmäßig Fußball und musste sich bei anderen Vereinen fithalten, nachdem schwelende Konflikte mit Este-Coach Arlt im Oktober 1999 eskaliert waren. Nach langer Vereinssuche im Sommer kam er kurz vor Saisonbeginn in Eimsbüttel unter. Für Engin keine schlechte Lösung. "Beim ETV kann ich versuchen, in der Entwicklung nicht stehen zu bleiben", strebt der Betriebswirtschafts-Student an, "und an der Hoheluft ist es nahe zur Uni."

"Lustig, seinen Bruder mal vor sich zu haben", kommentierte derweil Deniz das Bruderduell und verriet: "Als er hereinkam, hat Engin mir gesagt, ich soll meine Beine nicht zu offen lassen, er hat vor, mich zu tunneln." Diese Chance ließ er seinem älteren Bruder jedoch nicht, und nicht nur deshalb kickt der jüngste Spross der Familie am weitesten oben. Im Sommer 1999 wechselte er von Este 06/70 zu St. Paulis Amateuren. Mit überzeugenden Auftritten in der Regionalliga schaffte Deniz den Sprung ins Zweitliga-Team. Fünf Einsätze stehen dort bislang zu Buche; manche Beobachter sind der Meinung, es könnten noch mehr sein, wenn das Talent sich nicht bisweilen etwas ungeschickt verhielte. Weil er nach einer Verletzung ohne Attest beim Profitraining fehlte, geriet Deniz bei Ex-Coach Willi Reimann ins Hintertreffen. Und auch der neue Trainer, Dietmar Demuth, schickte ihn zwischendurch zu den Amateuren zurück. "Das waren eher Missverständnisse", sagte der zurückhaltende Deniz: "Ich kann nur hoffen, dass man sich meine Leistung anguckt und ich eine Chance bekomme."

Die ist für Bülent derzeit weit entfernt. Seit zwei Jahren pausiert der Älteste des Brüder-Trios. Probleme mit Knie und Sprunggelenk verhindern, dass der Anlagenmechaniker sich dem runden Leder widmen kann. Vielleicht, meinte Bülent, versucht er es demnächst noch einmal. Zwei Jahre lang wurde er Este 06/70 in seiner aktiven Zeit untreu, damals spielte er mit dem Harburger Türksport und Örnek-Türkspor auch gegen Deniz und Engin, die noch am Neuenfelder Höhenflug mitwirkten. "Da war ich gegen meine beiden Brüder immer in der Minderheit", sagte Bülent lachend.

Falls sein Comeback klappt, sollten sich die Brüder bemühen, die krude Idee des Briten Luther Blissett vom Drei-Seiten-Fußball in Hamburg zu popularisieren. Dann könnte es eines Tages auch heißen: Baris gegen Baris gegen Baris.