Der Ahrensburger Michael Kukulenz berichtet von seinem Aufenthalt im Norden Kanadas

Von ULRIKE SCHWALM

Einfach mal raus. Für ein oder zwei Jahre die Grenzen der Zivilisation hinter sich lassen. Den Job und die Überweisungen an die Krankenkasse vergessen. "Leute mit Familie sind bestimmt ein bisschen neidisch auf eine solche Möglichkeit", sagt Michael Kukulenz (51) lächelnd. Nach einer "privaten Veränderung" hatte der Ahrensburger Ende 1989 beschlossen: "Jetzt muss ich mal was anderes machen. Als ich dann aber den Bescheid bekam, dass mir ein Jahr unbezahlter Urlaub gewährt wird, hatte ich schlaflose Nächte. Was passiert jetzt? Was bewirkt die Auszeit in dir?"

Kukulenz, damals Studienrat an einem Hamburger Gymnasium, träumte einen alten Männertraum. "Ich wollte nach Gold graben. So wie die Männer des Jahres 1898, die von Vancouver aus loszogen. Ihre Route versuchte ich nachzustellen." So viele Erinnerungen schwangen mit, als er in Vancouver (Kanada) landete: "Bücher über Indianer und den Indian Summer, die ich als Kind hatte. Aber auch Szenen aus den Donald-Duck-Heften." Dawson City, die Goldrauschstadt, in der Dagobert sein Vermögen machte, erreichte Kukulenz, indem er den Yukonfluss hinunterfuhr. "Dort hörte ich, dass jetzt die schönste Zeit für Alaska sei. Es war Ende August, und ich ließ die Goldsuche sein und folgte dem Tipp. Den Herbst erlebte ich im Denali-Nationalpark, 600 Kilometer nördlich von Anchorage."

Kukulenz war sofort begeistert: "Die Natur und die Tiere dort oben sind einfach faszinierend. Die Elche, die Grizzlys, die Wale." So begann seine Leidenschaft für Alaska. Eine ähnliche Begeisterung sollte der Ahrensburger schon bald für das Land der Inuit (Eskimos) in der kanadischen Provinz Northwestern Territories entdecken. "Den Winter 1992/93 hatte ich in Toronto verbracht. Im März 1993 lernte ich in Vancouver ein paar Leute kennen, die mit einem Segelschiff Touren zu einem Indianerstamm anbieten wollten. In Kitimat kamen zwei Indianer vom Stamm der Haisla zu uns an Bord. Wir segelten in das Gebiet Kitlope, wo sie vor vielen Jahrhunderten gelebt hatten. Ein Mitglied der achtköpfigen Crew war Journalist. Sein Beispiel regte mich zum Fotografieren an", sagt Kukulenz, der jetzt seine Fotos von Alaska und dem Land der Inuit in der Ahrensburger Stadtbücherei ausstellt.

Die Bilder entstanden in den Siedlungen Repulse Bay (450 Einwohner) und Baker Lake (2000 Einwohner), die heute beide zum Nunavut gehören, dem selbstverwalteten Inuit-Territorium in Nordwestkanada. "Die Zeit der Zelte und der Iglus ist vorbei", meint Kukulenz, der auch die schmucklosen Siedlerhäuser der Inuit fotografiert hat. "Die Hütten ließ die kanadische Regierung aufstellen. Die traditionellen Zelte aus Karibu, einer Rentierart, werden heute ausschließlich zu besonderen Festen genäht." Das moderne Fortbewegungsmittel für die Inuit ist der "Fourwheeler" - ein kleines, offenes Auto mit Allradantrieb.

Kukulenz hat suchen müssen, um für seine Bildreportagen Inuit mit halbwegs passablen Jobs zu finden: "Die guten Stellen in der Verwaltung haben oft die Weißen inne. Die Inuit sind Hilfsarbeiter beim Bau der Hütten, fahren das Frischwasserauto, das die beheizten Tanks an den Häusern füllt. Wasserleitungen gibt es nämlich wegen der Frostgefahr nicht. Normal ist bei den Inuit das Leben von der Sozialhilfe, seit der Fellverkauf stagniert und die Jagd auf Belugawale verboten ist."

Aus einem Jahr Aufenthalt im Norden wurden für Michael Kukulenz zwei: "Ich überlegte sogar, ob ich dort bleiben sollte." Er wollte sich aber nicht auf sein gutes, ihm aber zu lückenhaftes Englisch verlassen: "Ende August 1994 ging ich wieder in die Schule." Das Fernweh blieb, und auch die Enttäuschung darüber, wie schnell die Erinnerungen an die schöne Auszeit im Alltag verblassten.

Er hat sich riesig gefreut, als im April 1999 das Land der Inuit, Nunavut, zu einem eigenständigen Territorium innerhalb der kanadischen Föderation umgewandelt wurde. Es ist mit 1,9 Millionen Quadratkilometern rund sechsmal größer als die Bundesrepublik. In Nunavut leben aber nur 22 000 Menschen, darunter 17 500 Inuit. Aber Kukulenz ist sich auch über eines im Klaren: "Das eigenständige Territorium könnte ohne den Tourismus nicht existieren. Viele Orte sind aber bereits überlaufen und verschmutzt. Die Rucksacktouristen, so sagt man, sind Ursache allen Übels."

Ab Montag, 11. September, bis zum 31. Oktober zeigt Michael Kukulenz seine Fotos der Inuit und der Tierwelt Alaskas in der Ahrensburger Stadtbücherei. Am Montag, 18. September, hält er dort um 20 Uhr einen Diavortrag über Alaska, am Montag, 2. Oktober, um 20 Uhr einen über Nunavut, das nach 40-jährigen Verhandlungen verwirklichte Inui-Territorium. Beide Abende kosten keinen Eintritt.