Studentenverbindung wirbt im Netz für ihre Ziele und neue Mitglieder

Von KARSTEN BROOCKMANN

Zwei Fackeln brennen in der Dunkelheit. Ab und zu dreht sich ein Totenschädel durchs Bild und grinst. Mit Satanismus hat die Szene nichts zu tun. Dafür lächelt die junge Frau zu freundlich, die noch zu Beginn der vergangenen Woche, im Stil des Bundes Deutscher Mädchen gekleidet, über die Webseiten führt. Am unteren Bildschirmrand läuft die Zeile: "Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt! Wir singens trotzdem, auch wenn die Gutmenschen mal wieder leerdrehen."

"Gutmenschen" ist die ironische Bezeichnung für alle jenseits des rechten politischen Randes. Doch die Internetseite, die im weltweiten Netz nicht nur über Verweise der NDP, sondern auch auf dem Umweg über die Universität Hamburg aufgerufen werden kann, gehört nicht etwa einer rechtsradikalen Partei. Sie ist die Selbstdarstellung der Hamburger Burschenschaft Germania, aus deren Haus an der Sierichstraße nach Angaben von Anwohnern auch schon Sieg-Heil-Rufe gedrungen sind.

Ein "Heil" immer wieder auch in den E-Mails, die die Burschenschaft erreichen und im Internet öffentlich präsentiert werden. "Heil Germania", " . . . ein Heil aus dem schönen Österreich . . . " ist da zu lesen. Die Germania gilt als Spitze der rechtsextremistischen Burschenschaften in der Hansestadt, auch wenn das vom Landesamt für Verfassungsschutz nicht offiziell bestätigt wird.

In seinem Bericht 1997 schreibt der Verfassungsschutz lediglich: "Einzelne Verbindungen innerhalb des Dachverbandes Deutsche Burschenschaften (DB) . . . stehen selbst in Burschenschaftskreisen in dem Ruf, rechtsextremistisches Gedankengut zu vertreten . . . "

Deutlicher wird da das vom Konvent der Hochschule für Wirtschaft und Politik sowie des Allgemeinen Studierenden Ausschusses (AStA) bezuschusste Buch " . . . und er muss deutsch sein . . ." über die "Geschichte und Gegenwart der studentischen Verbindungen in Hamburg". Unter Berufung auf einen Informationsbericht des Verfassungsschutzes heißt es in dem soeben erschienenen Buch: "Aus ihrer Ablehnung der Demokratie und ihrer Befürwortung des ,Führerprinzips' machen viele ,Germanen' keinen Hehl".

Diesen Eindruck haben auch die vier Hamburger Corps - politisch ausdrücklich neutrale Studentenverbindungen. Seit den frühen 90er-Jahren verzichten sie darauf, gemeinsam mit Burschenschaften zu fechten. "Dabei ist es nicht leicht, geeignete Partner zu finden. Wir fahren trotzdem lieber weitere Wege. Dennoch werden wir zu unserem Bedauern häufig mit denen in einen Topf geworfen", sagt Lothar Mehl, Vorstand des Altherrenvereins des Corps Albertina, wo die "Germanen" Hausverbot haben.

Der Rechtsdrall der Germania, die beim Burschentag 1993 in Eisenach unter anderem einen Antrag "gegen die Verwandlung Deutschlands in eine so genannte ,multikulturelle Gesellschaft'" stellte, zeichnete sich indes schon in den 60er-Jahren ab. Damals gehörten die Hamburger zu den Mitbegründern der "Burschenschaftlichen Gemeinschaft", einer Gruppe innerhalb des Dachverbandes "Deutsche Burschenschaft" (DB) mit rechten Tendenzen. Ende der 80er-Jahre wurde darüber hinaus eine intensive Freundschaft mit der als radikal geltenden "Wiener Akademischen Burschenschaft Olympia" begonnen.

Als die Wiener sich später anschickten, den Verbandsvorsitz der "Deutschen Burschenschaft" zu übernehmen, kam es zum Bruch im Dachverband. 1996 stiegen acht Burschenschaften mit 2200 Mitgliedern aus und gründeten die "Neue Deutsche Burschenschaft". Deren zweiter Vorsitzender, Carsten Zehm, bezeichnete die bevorstehende Übernahme des Verbandsvorsitzes durch die "Wiener Olympen" damals als "letztes Alarmzeichen". Der Bund habe eindeutig rechtsradikale Züge.

Doch die Germania verweist bis heute stolz auf ihre Freundschaft zu den "Wiener Olympen". Gleichzeitig scheint sie sich in den letzten Semestern verstärkt um Nachwuchs auf dem Campus der Universität Hamburg zu bemühen. Das hat nun den AStA aufgeschreckt. Vor dem Hintergrund der Debatte um Parteienverbote sagte dessen Sprecherin, Natalie Schwiddensen: "Es ist sinnlos, den Schlägertrupps der NPD den Kampf anzusagen, wenn die ,intellektuellen' Rechten weiterhin ungestört ihr Unwesen treiben dürfen." Vertreter der Germania waren in der vergangenen Woche nicht zu erreichen.