sch Ahrensburg - Atif Gülücü (47) beruft sich nicht auf die großen Namen der Moderne, sondern auf seine türkischen Wurzeln. "Ich habe Teile aus meiner Kindheit in Antakya mitgenommen und zum Objekt gemacht", sagt der Künstler, der am 13. Januar um 19 Uhr eine Werkschau in der Ahrensburger Galerie Schwarzbrot eröffnen wird.

Die zerbrochene Fensterscheibe an der ehemaligen Schuhmacherwerkstatt in Preetz, die ihm als Atelier dient, hat Atif Gülücü sorgfältig geklebt. Schließlich soll das "Nest", wie er das spiralförmige Objekt aus blauen Papierstücken, Draht und Acrylfarbe nennt, keinen Regen abbekommen. Für die Ausstellung in Ahrensburg wird er es vorsichtig befördern, damit der Schmetterling, der auf dem oberen Rand sitzt, nicht abfällt. Der Titel "Nest" hat aber noch einen anderen Hintergrund. Er steht für Zentrum und Familie. "Für mich steht die Familie im Mittelpunkt", sagt der 47-Jährige.

Sohn Pirim (8) hat ihn auch schon zu Objekten inspiriert: Auf seinem Küchentisch liegen selbst getischlerte Holzkästen. Gülücü stattet sie mit Windeln aus, die er mit Draht umwickelt hat. "Ich versuche, den Betrachter neugierig zu machen." Haben die Leute denn Scheu vor Künstlern? "Ich stehe zu meinem Nachnamen", witzelt er, "Gülücü heißt nämlich auf Deutsch freundlich lächelnder Mensch.'"

Über die Arbeiten sprechen

Er sehnt sich danach, über seine Arbeiten zu diskutieren und zum Beispiel das Bild in der Küche zu erklären, das er auch mit nach Ahrensburg nehmen wird: mit Acrylfarbe bearbeitete Papierflicken im Postkartenformat. "Ich habe sie mit weißem und schwarzem Klebestreifen zusammengefügt, die wie Pflaster aussehen. Das sind die Brücken zwischen den Menschen." Gefühle auszudrücken, das Kind im Mann zuzulassen, das ist ihm wichtig. "Von meiner Mutter habe ich gelernt, Liebe zu verschenken."

Schon mit sechs Jahren begann Gülücü in einer Autowerkstatt zu arbeiten. Mit 17 machte er Abitur mit dem Schwerpunktfach Textilien. Künstler durfte er aber nicht werden. Die Eltern waren dagegen. Bei einem Gespräch im Teehaus überzeugten die Nachbarn den Vater von seiner Begabung. Zum Kunststudium in der Türkei kam es dennoch nicht. Er eröffnete 1970 in Antakya ein kleines Geschäft, in dem er eigene Schilder und Heimatbilder verkaufte. 1979 ging er nach Kiel zu seinem Bruder. "Ich wollte nicht weglaufen, aber meine Kunst weiterentwickeln", sagt er. Um seinen Stil zu finden, malte er alles - von altmeisterlich bis surreal. Seit 17 Jahren arbeitet der Künstler nun in Preetz, "weil die Stadt klein ist und viel Ruhe bietet." Auf seinen Wegen rund um den Marktplatz entdeckt er immer wieder Dinge, die sich für Installationen eignen. Papiere und Pappe sind der Rohstoff für neue Objekte: "Himmel und Wasser" besteht aus weißen, übermannshohen Säulen mit blaulila schimmernden Papierapplikationen, die er während eines Stipendiums im Kloster Cismar begonnen hat. Sie drücken einen innigen Wunsch aus: "Ich möchte sein wie das Meer. Es kann so viel aufnehmen und verbinden."

Atif Gülücü ist seit 1998 Mitglied des Berufsverbandes Bildender Künstler in Schleswig-Holstein und beteiligt sich regelmäßig an Landesschauen. Die Werkschau "Papierarbeiten, Objekte, Collagen" in der Ahrensburger Galerie Schwarzbrot (Rathausplatz 22) ist bis zum 16. Februar zu sehen.