M.T. Ahrensburg - In einer beschaulichen Wohnsiedlung in Hamburg-Klein-Borstel hat Micha Dudek ein Wolfsrudel im Gehege aufgezogen. Im Garten, wo Nachbarn Hollywoodschaukeln oder Sandkisten haben, trotteten bei ihm die Vierbeiner herum.

Manchmal nahm er einen der Wölfe im Geschirr mit auf einen kleinen Spaziergang durch die Straßen. Und hin und wieder strichen seine "Freunde" auch in der Küche oder im Wohnzimer umher, mit ihren langen Läufen, den dunklen Augen mit der Fellmaske und den beeindruckenden Zähnen. Hatte er nie Angst? Haben die Tiere nie gebissen? "Doch, aber ich habe kräftig zurückgebissen, in die Stelle über der Schnauze", entgegnet der 37-Jährige.

Zeichnungen und Fotos

Zurzeit stellt er im Haus der Natur des Vereins Jordsand aus. Titel der Präsentation: "Du hast ganz Recht, kleiner Wolf." Zu sehen sind Bleistiftzeichnungen, Kreidearbeiten und Fotografien - von Wölfen versteht sich. Was nicht ganz so nahe liegt: Micha Dudek hat die Bilder selbst gemalt. Bis zum 12. Dezember ist die Ausstellung geöffnet.

Ein Leben ohne Wölfe? Für Micha Dudek nicht vorstellbar. Zur Zeit baut er auf dem Gelände eines ehemaligen Zoos in Niedersachsen ein Gehege auf. Am Aufbau des Geheges im Harburger Wildpark hat er maßgeblich mitgearbeitet. Er berät Naturschutzverbände, Tierparks und Behörden. Er hat bei einem Quiz im Fernsehen mitgemacht - und gewonnen - und den Leuten alles über Wölfe erzählt. Er schreibt Bücher über die Tiere, er malt sie, und er hält Vorträge, wie heute um 19.30 Uhr im Haus der Natur (Bornkampsweg).

Warum macht er das alles? Der 37-Jährige antwortet mit Heinz Erhardt: "Beine hatte ich schon, nur laufen konnte ich noch nicht." Der Wunsch, mit Wölfen zu leben, sei schon dagewesen, als er ein kleiner Junge war. Dudek: "Mein Großvater hatte ,Brehms Tierleben'. Die Bilder haben mich fasziniert. Ich hab sie stundenlang durchgepaust."

1983 fing es an, mit Mutzeman. So hieß der erste Wolfsrüde, den der Hamburger aufzog. Anregung für den Namen gab ein Kinderbuch, das vom Sternenbären Mutzemann erzählte. Dudek: "Da für mich die Acht eine heilige Zahl ist, habe ich das zweite n im Namen weggestrichen."

Wölfe, so der Experte, überleben in der Natur fünf Jahre. Unter menschlicher Obhut können sie bis zu 15 Jahre alt werden. Mutzeman gibt es nicht mehr. Aber die Leidenschaft für diese Tiere ist bei Dudek geblieben. Um sein Wissen weiter auszubauen, studierte er von 1986 bis 1989 an der Universität Paderborn Tier-Ökologie im Fachbereich Landespflege.

Diplomierter Tierfreund

So kann sich Dudek Diplom-Ingenieur nennen und mit dieser Ausbildung für die Bundesforschungsanstalt für Fischerei arbeiten - ein sicheres finanzielles Standbein. "Ich komm ganz gut zurecht", sagt der Hamburger, der in seinen materiellen Ansprüchen eher bescheiden wirkt.

Anspruchsvoll dagegen ist der Verhaltensforscher im Hinblick auf seine Aufgabe. Er will dafür sorgen, dass das Image der Wölfe sich ändert, weg vom Bild des hinterhältigen Raubtiers. Die hervorstechendste Eigenschaft der Wölfe ist für ihn genau das Gegenteil: ein freundliches Wesen, das Wert auf Gesellschaft legt.

Die anderen Wolfsforscher kennt Dudek."So verrückte Leute wie wir halten Kontakt." Manchmal geht Micha Dudek in den Wohldorfer Wald. Dann allerdings nicht, um Wölfe zu beobachten, sondern um sich mit den Kolkraben zu unterhalten. In welcher Sprache? Dudek: "Na, auf Kolkrabisch." Der Kreis der Experten, die sich hierüber austauschen, dürfte kleiner sein.