Frauen leben ihr Leben in allen Bereichen des Alltags. Was ihre Eigenart und Biografie ausmacht, versucht das Abendblatt in acht Beispielen herauszuarbeiten. Heute stellen wir Maxi Ebelseder vor - ein Mannequin, das über sein Alter erhaben ist.

Maxi Ebelseder ist ein Naturereignis. Wer ihr einmal begegnet ist, wird sie nicht wieder vergessen. Und bestimmt hat er eine gute Anekdote über das Treffen parat. Wie man gelacht habe. Wie Maxi alles angesteckt habe mit ihrer Albernheit. Und meistens wird die Geschichte damit enden, dass er die Maxi dann auch gleich ganz oben auf die Gästeliste seiner Party gesetzt habe. Jeder Auftritt eine Inszenierung, Maxi Ebelseder in personam ist ein Event.

Die Maxi kann einfach nicht ihre Wohnung verlassen, ohne wenigstens ein schrilles Kleidungsstück anzulegen, bevorzugt in der Signalfarbe Rot. ("Nicht STOPP", sagt sie, "wie bei der Ampel. Sondern: Hoppla, jetzt komm ich.") Vielleicht - oder sogar höchstwahrscheinlich - hat sie sich einen Hut auf das lackschwarze und straff zurückgekämmte Haar gesetzt. Irgendetwas total Schräges und Schrilles, groß wie ein Wagenrad oder bunt wie ein Lolli, Hauptsache knallig. So geht sie morgens auf den Wochenmarkt, so kauft sie im Wandsbeker Quarree einen Arm voll Blumen. Und immer wird sie freudig, geradezu strahlend begrüßt, weil sie wie ein Banner die gute Laune vor sich herträgt - die andere partout nicht aufbringen können. Zum Beispiel an einem neblig-trüben Novembermorgen. Wenn Regenschlieren die Fensterscheiben blind machen, ist die Maxi besonders gut drauf. Und startet einen Rundruf bei den Freundinnen, um sie aufzumuntern. Meistens haben die aber schon angerufen, denn Maxi funktioniert wie eine Glückspille. "Hallo, halli, guten Tag", flötet sie ins Telefon, als sei sie bei der Lottoshow und habe gleich den Megagewinn zu verkünden. Dabei will sie nur erreichen, dass die Leute ein bisschen besser drauf sind. Dafür die Fünf-Minuten-Maxi-Dröhnung. "Wenn jeder auf der Welt", philosophiert sie, "nur einen anderen glücklich machen würde, wären wir doch gerettet!" Ihre Freunde glauben ihr das aufs Wort. Aber die Leute, die im Hauptbahnhof rumhängen, wenn Maxi durch die Wandelhalle schreitet, als wär es Ascot, reagieren aggressiv. "Das ist für mich das Fürchterlichste überhaupt", sagt sie schaudernd, "diese Aggressivität. Das wird ja immer schlimmer." Keine Toleranz mit Paradiesvögeln in diesem Land, wo wir doch die gerade so dringend brauchen. "Wie sonst", fragt Maxi, "kann man die ganzen Weltkrisen und Katastrophen denn aushalten?" Zum Beispiel, was den Sepp betrifft, ihren Ehemann. Sepp Ebelseder war einer der ganz großen "Stern"-Reporter in den Siebziger- und Achtzigerjahren, der Mann für die harten Reportagen. "Ihn haben sie immer in den Krieg geschickt", sagt Maxi. "Und dahin, wo es brannte und wo es gefährlich war. Manchmal hab ich wochenlang kein Lebenszeichen von ihm bekommen. Bis seine Sekretärin anrief und sagte: ,Sie können sich schon mal duschen. Der Sepp ist auf dem Heimweg.'" Dann ist sie rausgefahren nach Fuhlsbüttel, aufgemaschelt bis zur Schmerzgrenze. Und hat ihren Sepp mit diesem strahlenden Optimismus empfangen, um dessentwillen er sie einmal geheiratet hatte. Des öfteren, da draußen an der harten Reporterfront, hat ihn die Panik befallen, dass sein Mäxchen nicht mehr da sein könnte, wenn er zurückkäme. "Denn die Männer haben sich ja um sie gerissen. Da konnte man nie sicher sein." "Aber die meisten von denen waren schwul", sagt Maxi. "Da musste er gar keine Angst haben. Ich bin gern ausgegangen, klar, wenn ich allein war. Aber mir ist in den ganzen Ehejahren nicht ein einziges Mal der Gedanke gekommen, ihn zu betrügen, da wär ich ja verrückt! So etwas Wunderbares aufs Spiel zu setzen. Meinen Felix Austria!" So heißt er, wenn sie ihn gerade besonders lieb hat. Denn der Sepp kommt aus Österreich und hat in diese Ehe nicht nur die Bauernschränke, österreichische Schnitzarbeiten und eine Bilder-sammlung eingebracht, sondern auch eine gewisse Ernsthaftigkeit, die seinem Paradiesvogel vielleicht manchmal ein bisschen die Flügel stutzt, ohne ihn jedoch am Fliegen zu hindern. "Natürlich", sagt der Sepp, "liebt Maxi die großen Auftritte. Aber noch wichtiger ist: Sie hat ein gutes Herz. Und ist ein wunderbarer Kumpel." Und der fröhlichste Mensch, den man sich denken kann.

Sie findet nichts dabei, in einen Seidenblumenstrauß einen motorgetriebenen Schmetterling zu stecken ("das Geschenk von Freunden aus Amerika"), und den um den Strauß flattern zu lassen, Runde um Runde, Stunde um Stunde, Tag um Tag. Andere Leute hätten einmal kurz über so einen Schnickschnack gelacht und ihn dann in die Kiste zu dem anderen Trödel gesteckt, nicht aber Maxi. Bei ihr stehen auch vier knatschrote Herzchenstühle im Esszimmer, und auf dem Klo hängen Postkarten und schräge Erinnerungsfotos. Die gesamte 120-Quadratmeter-Wohnung in Winterhude ist eine große Inszenierung - mal abgesehen von Sepps Arbeitszimmer, in dem es bescheiden und stiller zugeht. Hier hat Sepp Ebelseder die Recherchen zu dem Buch "Vier Jahreszeiten" zusammengetragen. Einer Hotelbiografie über Hamburgs beste Adresse, zusammen mit dem ehemaligen "Stern"-Kollegen Michael Seufert. Das Buch - wie könnte es anders sein - ist Maxi gewidmet. "Ich freue mich heute, nach dreißig Jahren Ehe, immer noch jedes Mal wie toll, wenn ich den Sepp sehe", sagt Maxi. Und das klingt überzeugend. Dem Sepp geht es mit der Maxi ebenso. Obwohl er manches Mal, wenn er todmüde aus einem Krieg zurückkam und Maxi ihn mit vibrierender Lebenslust empfing, erschöpft fragte: "Müssen wir etwa noch auf eine Party?"

Sie mussten nicht, aber sie könnten. Weil der Sepp doch vielleicht eine kleine Aufmunterung brauchte und weil sie darauf doch so brennt, ihn einmal wieder vorzuzeigen, denn es gibt ja genug Leute, die immerzu hämisch fragten, wenn Maxi ihren Soloauftritt hatte: "Wo ist denn dieses Mal wieder ihr Mann?" Solche Leute hasst die Maxi.

Wenn sie gewollt hätte, in den Sechzigerjahren, wäre Maxi Ebelseder ein Superstar geworden. Sie hatte ihr Abi in der Tasche, das Zahnarztstudium begonnen, aber wieder an den Nagel gehängt: "Das Einzige, was mir am Beruf der Ärzte gefällt, ist der weiße Kittel." Den großen Auftritt hat sie schon als Kind geliebt. "Kaum war ich morgens aus dem Haus, um die Ecke, auf dem Weg zur Schule, wurde der Lippenstift rausgeholt."

Die Nachmittage in Frauenzeitschriften wie "Constanze" geschmökert und sich beim Betrachten von Filmplakaten in die Welt des schönen Scheins geträumt. "Die Mode", sagt sie, "ist meine Welt." Seit Jahrzehnten. Ihr Alter dürfen wir nicht verraten. Maxi findet es uncharmant, übers Alter zu reden, besonders bei Frauen, die viel jünger aussehen, als sie tatsächlich sind. Und eine Figur haben wie ein Teenager. Sie ist ein Kultmodel, erhaben über Alter und Moden. Sie hat schon Kleider vorgeführt, als die Modenschauen noch wie ein Stummfilm abliefen. Und wird heute immer noch gebucht, zur 50-Jahr-Feier von Otto, zu großen Shows von Ted Linow oder dem Modehaus Münster. "Ein bisschen Patina", sagt Maxi kokett, "ist doch ganz schön."

Seit wann genau sie als Kultmodel geführt wird, kann sie selbst nicht erinnern. Sie hat jedenfalls in einem Alter angefangen, in dem die Models heute aufhören. Zuerst bei Dieter Zoern und Helmut Machnik, den Lokalmatadoren, aber dann kam auch gleich Paris, kam Balmain. Und dann rief eines Tages die Marie Luise Steinbauer an, tat verschwörerisch, hauchte ins Telefon: "Karlchen ist in der Stadt!" "Karlchen" hatte die Nachricht verbreiten lassen, dass er neue Models suche. Und wenn Karl Lagerfeld ruft, muss Maxi natürlich dabei sein.

"Ich war aufgeregt, mein Herz hat nur so gehüpft. Aber ich habe meinen Auftritt zelebriert. Ich bin um mein Leben gelaufen. Ich dachte, ich hab Flügel." Am liebsten würde sie es vormachen, wie es damals gewesen ist. Aber sie bezähmt sich. Und fügt nur lächelnd hinzu, dass sie den Job bekommen hat.

Den Ruf nach Paris jedoch hat sie abgelehnt. "Ich hab mir vorgestellt: Da kommt der Sepp von einer Reise zurück, und ich bin weg. Unmöglich. Mir hat der Erfolg genügt, den ich hatte. Das Eheglück war für mich immer das Wichtigste."

Auch heute, sagt sie, müssen ihre Freunde akzeptieren, dass sie für zwei Wochen erst mal untertaucht, wenn der Sepp von einer langen Reportage zurückkehrt. Aber wie an so vieles bei der Maxi, haben sie sich auch daran gewöhnt. Denn eines wissen sie: Maxi vergisst ihre Freunde nicht. "Freundschaften", sagt sie, "werden bei mir gehegt und gepflegt. Wer Freunde haben will, gute, wirkliche Freunde, der muss auch etwas dafür tun."

Kinder zu bekommen, hat sie nie in Erwägung gezogen. "Mit diesem Mann, der von einem Krieg zum anderen geschickt wird? Und ich sitze dann da? Allein! Mit einem Kind. Angebunden. Nein, da bin ich dann doch zu egoistisch."

So hat sie ihre Liebe und Mütterlichkeit auf die Freunde projiziert. Freundschaften muss man hegen und pflegen. Das ist ihr Credo. Im Zweifelsfall auch mal morgens um zwei aus dem Bett in ein Taxi und eine Freundin trösten, wenn es der schlecht geht. Für die Freunde ist immer Zeit. Und wenn sie die Ebelseders auch in den Ferien heimsuchen, ist es die reine Wonne.

Zum Beispiel der Sommer. Da sind Maxi und ihr Sepp in Österreich, in Sepps Haus im Stift St. Florian. Die totale ländliche Idylle. "Und das mir", sagt sie lachend, "wo ich doch so ein Stadtkind bin. Ich gehöre auf die Rolltreppe." Die gibt es in St. Florian nicht, dafür aber dieses besondere Schönbrunner Gelb der Häuser, zu denen ihre bunten Sommerkleider so wunderbar passen. "Dirndl", sagt sie, "trage ich nicht. Dafür hab ich nicht genug Stoßstange."

In St. Florian haben sie so viel Besuch wie in ihrer Hamburger Wohnung, ein Kommen und Gehen. Aber das Schönste ist doch, im Urlaub die nächste Party zu organisieren. Einladungen werden verschickt zum größten Österreich-Fest bei Ebelseders. "Natürlich mit der Briefmarke von St. Florian", sagte sie, "damit das ganze Allüre hat."

Und wenn sie heimkommen, dann stürzt sie sich - noch bevor sie den Reisehut abgelegt hat - auf die Post. Wer hat zugesagt? Da kommen dann Dagmar Berghoff und ihr Mann, NDR-Moderator Rüdiger Wolff mit seiner Frau, der Ärztin Dr. Dörten Wolff, und auch sonst viele, die man aus den Klatschspalten kennt, die Partygänger eben. "Aber nur die besonders Netten!"

Keine Party ohne Maxi", titelte die "Bild"-Zeitung einmal, das hat sie richtig empört. "Höchstens ein- oder zweimal die Woche", sagt sie, "besuchen wir eine Party. Und oft ist diese Party auch nur ein Essen mit Freunden." Wie eine so magere Person so oft und ausgiebig vom Kochen und Essen sprechen kann, bleibt unbegreiflich. Maxi jedenfalls kocht drei Tage lang, wenn sie in ihrer kleinen Küche das Große Fressen für 40 bis 50 Gäste herrichtet, und es gibt für sie nichts Schöneres, als wenn die Gäste dann "eine Schneise ins Büfett schlagen".

"Wenn ich mit Freundinnen Pläne für einen Abend mache und wir beschließen, uns richtig schick zu machen, das macht so einen ungeheuren Spaß! Das bringt so eine Fröhlichkeit. Natürlich", fügt sie schnell hinzu, "klingt das oberflächlich. Aber so bin ich nun mal. Kindisch, und wahnsinnig gern ein bisschen albern. Aber ich weiß, den Freunden gefällt es." Bestimmt, sonst würden sich auf ihrem Vertiko im Flur nicht die Einladungen stapeln. Das meiste jedoch, sagt sie, landet im Papierkorb. Eine Boutique-Einweihung wird Maxi nicht mit ihrer Gegenwart krönen. Das muss schon etwas anderes ein. Zum Beispiel der Ladies-Lunch von Mercedes. Aber der findet leider nur einmal im Jahr statt.

Dafür gibt es dieses Jahr einen anderen Höhepunkt: die Millenniumsfeier. Maxi und Sepp haben sich im Atlantic angemeldet, reserviert "und bezahlt". Das Kleid wird rot sein mit Paillettenstickerei, hauteng. "Und sitzt wie angeschossen."

15 Freunde am Silvestertisch. "Richtige Freunde", sagt Maxi. "Manch einer ist froh, wenn er nur einen Freund hat."

Wohl wahr.