Das war ihre große Chance: Bundestrainer Henrik Dettmann sichtete in Hamburg den Basketball-Nachwuchs

Von SYLKE POTTHARST

Der Mann auf dem Holzstuhl sieht so was von gelangweilt aus. Die Arme hat er verschränkt, die Beine weit von sich gestreckt. Regungslos blicken seine hellen Augen auf das Spielfeld.

Da ist Action. Unter den Körben wird gearbeitet. Zehn Jungen kämpfen verbissen um jeden Ball. Sie schwitzen für ihn. Für den deutschen Nationaltrainer Henrik Dettmann (44).

Es geht um die Auswahl der U20-Nationalspieler. Aus ganz Nord- und Westdeutschland traten am Wochenende in Bergedorf 48 junge Spieler zum "Try-out" an. Einige von ihnen wird Dettmann ein zweites Mal am

Der Wurf zum großen Glück

11./12. Dezember in Bielefeld zusammen mit Spielern aus Süddeutschland sichten. Dort werden dann auch die Trainer der Bundesliga-Teams dabei sein. Es geht also um viel. Wer es hier schafft, der gilt als Nachwuchstalent und bekommt vielleicht schon bald einen hoch dotierten Vertrag für die Liga.

Vorher aber muss diese erste Hürde genommen werden. 14 Spiele schaut Henrik Dettmann sich an. Jeder will zeigen, was er kann. und die, die gerade nicht auf dem Feld stehen, schleichen immer wieder hinter ihm vorbei. Sie versuchen einen Blick auf seine Unterlagen zu erhaschen. Umsonst. Der Finne, schon seit 29 Jahren im Trainergeschäft, macht keine Aufzeichnungen. Allein ein kleiner Kreis vor dem Namen auf der Liste verrät: Du bist gut, du bist dabei. Ein kleines Kreuz steht für seine Unentschlossenheit: Vielleicht gut.

Henrik Dettmann tut sich schwer damit: "Ich suche keine kleinen Nowitzkis, keine perfekten Spieler." Er will Jungs mit guten Ansätzen: athletisch und kraftvoll, schnell in der Bewegung, durchsetzungsfähig, aber immer mit einem Blick für das Team.

Einer wie Dominique Klein. 18 Jahre ist er alt und 1,98 Meter groß. Bei der TSG Bergedorf spielt er in der A-Jugend (Leistungsklasse) und bei den Herren in der Regionalliga. In den Junioren-Nationalkader wurde er schon berufen. Insider sagen: "Ein Riesentalent."

Der weiß um seine Klasse und kann ganz locker spielen. "Gut, hätte aber auch besser sein können", urteilt er über sich selbst und sagt dann bescheiden: "Es könnte oft noch besser sein." Am Sonntag wurde Dominique Klein als Erster von sechs Spielern aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein nominiert.

Mit ihm auf der Liste stehen seine TSG-Teamkollegen Michael Stockhammer und Ari Zlotowski (nachnominiert wegen Grippe), außerdem Martin Duggen (18) vom SC Rist Wedel, Christian Hebbe (18) vom EBC Rostock und Michael Buse vom SV Noba Greifswald. Der 19-Jährige fiel dem Nationaltrainer durch sein durchdachtes Spiel

Alle träumen von der NBA

auf. "Ein wirklich guter Mann", lobte er, "der lebt für seinen Sport."

Das tut Marcus Egin, der früher in der 1. Liga für Heidelberg, Bayreuth, Langen und Gießen spielte, auch. Er trainiert die A-Jugend der TSG Bergedorf, ist außerdem der Jugendkoordinator im Verein. Der Jurastudent weiß, wie die Jungen denken. "Das ist wie bei mir früher. Ich wollte spielen, ich wollte gut sein, und ich träumte von der NBA." Marcus Egin hat seine Erfahrungen damit gemacht. Eindringlich redet er deshalb auf seine Jungs ein: "Sichert euch gut ab, und geht nur zu einem Verein, der euch auch eine Berufsausbildung ermöglicht."

Das Problem kennt auch der Bundestrainer: "Die denken nur ans Heute und die nächste Party." Wer bei ihm trainiert, der denkt schnell anders. "Erfolg ist eine Frage der Selbstdisziplin", sagt Dettmann. Da sei jeder für sich selbst verantwortlich.

Aber keine Sorge: Wer das im Griff hat, der darf unter Dettmann auch feiern. Vielleicht ist das ja das Geheimrezept. Michael Buse, der "wirklich gute Mann" aus Greifswald, ist nominiert. Wie war Hamburg? Ein breites Grinsen zieht über das Gesicht des 2,01-Meter-Mannes: "Wir haben echt Spaß gehabt."