In Buchhandlungen muss man nach ihren Werken fragen. Harburger Schriftsteller stehen nicht auf Bestsellerlisten . Lesenswert sind ihre Gedichte und Geschichten allemal. Wer sind diese Männer und Frauen, warum schreiben sie? Die Rundschau stellt sie vor. Heute: Wilhelm Mohr aus Francop

Von ADOLF BROCKMANN

Wie er eigentlich zum Schreiben gekommen ist? Wilhelm Mohr, Heimatforscher, Heimatkundler, Heimatdichter aus Francop tut so, als ob er über diese Frage noch nie in seinem Leben nachgedacht hat. "Ich war doch Schriftsetzer in Buxtehude", erzählt er. "Und we nn dann in Francop mal etwas los war, dann hab ich das aufgeschrieben. Und dann stand es im Blatt." Wilhelm Mohr ist, auch wenn er später 16 Jahre lang bis zum Eintritt ins Rentenalter im Ortsamt in Finkenwerder mit Blick auf die Elbe gearbeitet hat, eine Institution im Alten Land, im Süderelberaum und darüber hinaus. Er wird am Montag 87 Jahre alt, feiert mit seinem Sohn in Düren.

Würde er sagen, er führe mit dem Auto nach dort, man würde es ihm glauben. Aber er nimmt die Bahn. "Das wird mir v ielleicht doch etwas viel sonst." Aber ansonsten macht er noch fast alles allein. Dabei ist er seit elf Jahren schon Witwer. Doch "hängenlassen" hat sich Wilhelm Mohr deshalb nicht. Er ist Francoper. Und er verwendet die früher üblich Schreibweise Frankop. Aber das ist wohl eher eine Marotte von ihm.

Sein Wort gilt etwas im Alten Land und darüber hinaus. Kaum jemand weiß besser über das "Ole Land" im heute hamburgischen Teil Bescheid. Zwei heimatkundliche Bücher hat Mohr geschrieben: "Francop und sein e Graft" und "750 Jahre Francop". Bekannter geworden ist er durch seine plattdeutschen Veröffentlichungen.

Acht Werke sind seit 1971 herausgekommen. "So wüer't eenmol bi uns an'n Diek" war das erste, es folgten "Lach mit mi", "Frisch op de Lien". Als er 1980 unter dem Titel "Fiev vör twölf" ein Buch zum Thema Umweltschutz herausgab, da prophezeiten ihm selbst gutmeinende Freunde: "Dormit fallst Du op denn Buuk."

Wilhelm Mohr erzählt es mit einem Smustergrienen: "Das Buch war gan z schnell vergriffen." Er freut sich, daß er keine Bauchlandung gemacht hat. Denn der Francoper ("Mit Volker Rühe bin ich gut Freund, aber auch mit der damals Grünen Thea Bock habe ich gut zusammengearbeitet.") hat sich im Laufe der Jahrzehnte so manches Mal über Senatsentscheidungen für die Elbdörfer geärgert.

Noch heute sagt er in der Veranda seine Elternhauses sitzend: "Oft scheint es, daß das kleine Dorf Francop fast alles für Hamburg schlucken muß." Wenn er in Vierzigstücken vor das Haus t ritt, dann hört er den auf dem Obstmarschenweg vorbeirauschenden Autoverkehr, tritt er auf den alten Deich auf der anderen Straßenseite, dann sieht er den riesigen Schlickberg.

Er hat sich nie damit abgefunden, auch wenn der Umweltschutz in seinen neueren Büchern nicht mehr "die" Rolle spielt. Ein Weihnachtsbuch gibt es von ihm und einige mehr mit "Riemels un Gedichten". Das - bisher - letzte kam 1997 heraus. Dazu erschienen und erscheinen weitere Kurzgeschichten in Anthologie des Verlages Michael Jun g, Kiel.

Gelegentlich kommt Wilhelm ("Willem") Mohr im NDR zu Wort, am 8. August um 15 Uhr auch auf dem Hamburg-Radio 93.0. Zu Lesungen ist er in der letzten Zeit kaum noch gefahren. Es ging ihm nicht gut. Und das Alter spielt natürlich auch eine Rolle. Da freut ihn, daß die Nachfrage nach seinen Büchern in Buxtehude, Jork und anderen Orten immer noch gut ist.

Trotzdem wäre der Francoper gern mobiler: als Kämpfer für das Plattdeutsche zum Beispiel. Aber er schreibt noch immer: "Wenn ich e ine gute Idee habe, dann setz ich mich hin, an die Schreibmaschine", erzählt er.

Sein Engagement für das Plattdeutsche, für Francop und die Nachbarorte wird auch "offiziell" anerkannt. Er hat die Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes vom Senat bekommen, den Süderelbe-Thaler, er ist "der Senior" im Verein Plattdüütsch leevt, und er hat vor ein paar Monaten aus der Hand von Kultursenatorin Christina Weiss die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik - verliehen von Bunde spräsident Roman Herzog - erhalten. Anerkennung genug. Grund aufzuhören? Für Willem Mohr nicht. "Ik heff doch jümmers schreeben . . . " sagt der fast 87jährige. Und das heißt, daß er auch weiter an der Schreibmaschine Platz nehmen und "in die Tasten hauen" wird.