Hamburg - Vor knapp einem Jahr, als Rolf Mares zehntes Jubiläum als Direktor der Komödie Winterhuder Fährhaus feierte, war das Abendblatt bei ihm zum Interview. Doch statt die Höhen und Tiefen im Leben eines Theaterdirektors zu diskutieren, wurde es ein Gespräch über den HSV: Mares war als dessen Präsident ausgerufen. Der Rest ist bekannt.

Gestern, als der 69-Jährige seine Komödie in die Hände von Michael Lang gab, sprachen wir ihn wieder:

Rolf Mares: Nun ja, aus meiner Zukunft beim HSV sind neun lehrreiche Monate geworden - und der Verein ist Spitzenreiter der Bundesliga. Ich habe Ihrer Zeitung kürzlich gesagt, dass ich diesen HSV für den stärksten der letzten zehn Jahre halte. Natürlich wird er Hertha BSC Berlin am Sonnabend schlagen.

Hamburger Abendblatt: Gewissermaßen ein Schicksalsspiel für Sie. Gehört doch Ihr Theater zu Berlin, zu den Wölffer-Bühnen.

Hertha wird deutlich distanziert, nicht aber die Komödie und das Theater am Kurfürstendamm. Wir wollen hoffen, dass sich die Euphorie der Großstadt Berlin noch stärker auswirkt auf den Besuch.

Es gab dort Schwierigkeiten . . .

Sehr erhebliche sogar. Die großen wirtschaftlichen Engpässe, hervorgerufen durch mangelnde Besucher, konnten nur überstanden werden, weil es Hamburg so gut ging. Ich habe immer zu Jürgen Wölffer gesagt: Wenn er es schafft, den Hauptstadt-Status zu erreichen, dann ist er auch durch. Ich bin überzeugt, dass sich der Besuch der Häuser am Kurfürstendamm jetzt, wo Bonn Geschichte geworden ist, deutlich nach oben bewegen wird.

Sie spielen die gleichen Stücke in beiden Städten. Ist der Publikumsgeschmack vergleichbar?

Wir haben einen etwas riskanteren gehobenen Spielplan anbieten können, anders als andere Privattheater in Hamburg und besonders in Berlin. Wir haben 12 000 Abonnenten, und darauf bin ich wirklich stolz. Wir haben gerade eine Umfrage über das letzte Jahr gemacht. Das Publikum vertraut uns: In der Auswahl der Stücke liegen wir deutlich zwischen sehr gut und gut, im Service dasselbe.

Sie sind 50 Jahre in Hamburg tätig, davon 35 in führender Rolle als Direktor des Thalia Theaters, des Schauspielhauses und der Staatsoper. Damals gab es Subventionen. Mussten Sie als Komödien-Direktor, der mit null staatlicher Unterstützung auskommen muss, neu rechnen lernen?

Ich habe das Geld immer so behandelt wie mein eigenes. Ich habe einst fünf Mark pro Woche verdient und davon 30 Pfennig zurücklegen können. So habe ich auch an den Staatstheatern gearbeitet. Wenn ich eine Ausgabe für unsinnig hielt, mussten mich die Intendanten erst lange davon überzeugen, dass sie auch wirklich notwendig sei.

Als Sie sich von der Oper in den Ruhestand verabschiedeten, ging es erst richtig los: Symphoniker-Vorstand, Bürgerschaftsabgeordneter, Vorsitzender des Kulturausschusses, Komödien-Direktor, HSV-Präsident - ist jetzt plötzlich Ruhe?

Wölffer hat mich gebeten, für seine vier Häuser - den beiden in Berlin sowie den Komödien in Hamburg und Dresden - als Berater zur Verfügung zu stehen.

Wie sieht das aus?

Es macht nur Sinn, wenn die Direktoren alle zwei, drei Monate sich zu Grundsatzbesprechungen treffen über die Häuser und die Situation. Dass wir sagen: Das war richtig, das falsch, dieses müssen wir verbessern, jenes neu überdenken. Da gerade alle zu meinem Abschied hier sind, können wir gleich morgen früh um zehn damit beginnen.

Sie hatten in Ihrem Theaterleben stets das Glück des Tüchtigen. Würden Sie Ihr Gastspiel beim HSV als Fehler bezeichnen?

Nein, keineswegs. Ich habe sehr viel gelernt. Vielleicht war ich in den elf Jahren Komödie noch ein bisschen zu sehr in einer heilen Welt verhaftet. Dort spricht man eine andere Sprache. Einige Leute haben meine Sprache nicht verstanden und ich ihre nicht. Ich bin im Guten gegangen. Seit ich fort bin, hat man ja gar nicht gemerkt, ob es noch einen Präsident gibt oder nicht. Die Mannschaft steht an erster Stelle - allein das zählt.

Interview: HELMUT SÖRING