Hat ein unbekannter Mann das verschwundene Mädchen zum Parkplatz am Einkaufszentrum geführt? Gesucht wird ein 45jähriger Mann, 1,80 Meter groß und korpulent.

Im Fall Hilal Ercan (10), die heute genau acht Wochen vermißt wird, gibt es eine erste heiße Spur: Zwei Zeugen haben an jenem 27. Januar ein Mädchen auf dem Parkplatz in Lurup gesehen, das aussah wie die vermißte Hilal - an der Hand eines unbekannten Mannes. In umfangreichen Recherchen rekonstruierte die Sonderkommission Morgenland die letzten Minuten, bevor Hilal verschwand. Die Hoffnung: neue Zeugen und Hinweise zu finden, die die Suche nach Hilal erleichtern.

Es ist Mittwoch mittag, gegen 13.30 Uhr. Hilal Ercan geht durch das EKZ Elbgau-Passagen in Lurup. In ihrer Hand hält sie Kaugummis, die sie kurz zuvor im Spar-Markt gekauft hat. Der Kassencomputer belegt später: Es war genau 13.22 Uhr, als sie die Kaugummis bezahlt hat. Wenige Minuten danach wird sie von Hader Yildirim beobachtet: Der Gemüsehändler schaut ihr nach, als sie über den Parkplatz an der Spreestraße geht. Kurz darauf fährt ein Lieferwagen vorbei und hält vor der roten Ampelt. Die Tachoscheibe des Service-Fahrzeuges beweist vier Wochen später: Es ist 13.30 Uhr.

Die beiden Insassen beobachten, wie ein Mann ein dunkelhaariges Mädchen auf dem Parkplatz an der Hand hält. Die Polizei hat keinen Zweifel: "Die Szene, die die beiden Zeugen aus dem Firmenwagen heraus beobachtet haben, hat auch tatsächlich in der beschriebenen Weise stattgefunden", sagt Polizeisprecher Reinhard Fallak.

Die erste Spur im Fall Hilal Ercan hat sich die Sonderkomission selbst erarbeitet: Mit einer minutiösen Tatzeitrekonstruktion, dem Nachstellen des Tattages und der gezielten Recherche im beruflichen Umfeld des Tatortes hat sie zwei Zeugen ermittelt, die Hilal kurz vor ihrem mysteriösen Verschwinden zuletzt gesehen haben - in Begleitung jenes Unbekannten. Alles, was die Polizei von diesem Mann weiß: Er ist etwa 45 Jahre alt, 1,80 Meter groß und korpulent, hat rötlich-blondes Haar, eine hohe Stirn und möglicherweise einen Bart.

Wer ist dieser Mann? Kannte er Hilal? Hat er sie gewaltsam mitgenommen? Oder handelte es sich bei dem Mädchen, das die beiden Zeugen sahen, gar nicht um Hilal? Die Polizei schließt nichts aus: "Denkbar ist auch, daß die Beobachtung einen harmlosen Hintergrund hat und hier beispielsweise Vater und Tochter unterwegs waren und die Kleidung des Kindes zufällig mit der von Hilal übereinstimmte", sagte Fallak. Um dies zweifelsfrei beurteilen zu können, wendet sich die Sonderkommission Morgenland mit folgenden Fragen an die Bevölkerung:

"Welcher Mann erinnert sich, am Mittwoch, 27. Januar, zwischen 13 und 14 Uhr mit einem ähnlich wie Hilal gekleideten beziehungsweise aussehenden Mädchen auf dem zur Spreestraße gelegenen Parkplatz des Einkaufszentrums Elbgau-Passagen gewesen zu sein?" "Wem ist am 27. Januar zwischen 13 und 14 Uhr auf diesem Parkplatz ein Mann mit einem dunkel gekleideten Kind an der Hand aufgefallen, das der verschwundenen Hilal ähnlich sieht?"

Große Hoffnungen setzt die Polizei zudem auf einen bislang unbekannten Mann, der zur gleichen Zeit auf dem Parkplatz gewesen sein muß: Er hatte seinen Mercedes direkt neben der Ein- und Ausfahrt geparkt und zwischen 13 und 14 Uhr vermutlich Waren in den Kofferraum geladen. Die Soko: "Er ist ein wichtiger Zeuge und wird dringend gebeten, sich zu melden."

Möglicherweise ist sich auch dieser Mann nicht bewußt, daß er wichtige Aussagen machen könnte - ähnlich wie die Männer aus dem Firmenwagen. Sie hatten sich nicht an die Polizei gewandt, weil das Kind, das sie gesehen hatten, ihrer Ansicht nach etwas anders aussah als das auf den Fahndungsfotos. Erst nachdem Soko-Beamte ihnen ein aktuelleres Bild von Hilal zeigten, änderten sie ihre Meinung.

Daß sie das Mädchen und den Fremden tatsächlich an dem besagten 27. Januar gesehen haben, an dem Hilal verschwand, daran kann sich einer der beiden jedoch mit absoluter Sicherheit erinnern: Es war der Geburtstag seiner eigenen Tochter. kat