kab Tangendorf - "Bürgerproteste werden ignoriert", überschrieb die Bürgerinitiative Tangendorf und Umgebung ihr jüngstes Flugblatt und scheint damit recht zu behalten. Nach Informationen der Rundschau wird der von der Gruppe so heftig bekämpfte Kiesabbau in der Osterheide voraussichtlich schon innerhalb der nächsten zwei Wochen genehmigt werden. Chancen, das Projekt noch zu stoppen, hat die Initiative kaum.

Enttäuscht sind ihre Mitglieder vor allem darüber, daß nach der Zustimmung des Toppenstedter Gemeinderates kein Vertreter des Landkreises zu einer Diskussion mit der Bürgerinitiative bereit schien, obwohl dazu mehrfach eingeladen worden war. Die letzte Möglichkeit ließ Oberkreisdirektor am Donnerstag verstreichen, weil sich der Kreistag am gleichen Tag in der Burg Seevetal traf.

Die Initiative nutzten den Abend deshalb, um die rund 40 Zuhörer noch einmal über die zu erwartenden Probleme zu unterrichten. Mit der Genehmigung erhält das Kieswerk Lütchens das Recht, in den kommenden 25 Jahren auf einem 49,3 Hektar großen Areal rund 2,1 Millionen Kubikmeter Kies und Sand abzubauen. Das, so ein Sprecher der Initiative, bedeute, daß alle sieben Minuten ein schwerer Lkw durchs Dorf fahren werde.

Die Verkehrsbelastung und die Gefährdung ihrer Kinder sind die größten Sorgen der Anwohner. Darüber hinaus befürchten sie Schäden an ihren Wohnhäusern, einen Wertverfall der Immobilien und Probleme mit dem Grundwasser. Denn Tangendorf fördert sein Trinkwasser selbst, an den "dünnsten" Stellen wird sich laut Plan jedoch nur noch ein halber Meter Boden zwischen dem Kiesabbau und dem Wasserreservoir befinden. Das könnte schnell durch auslaufenden Dieseltreibstoff oder Ähnliches verunreinigt werden, befürchten die Anwohner, denen vermutlich auch die Ratschläge des Ohlendorfers Werner Görlich nicht helfen werden.

Der Vorsitzende des Vereins zur Erhaltung des Lebensraumes riet der Initiative, sich nach dem Ohlendorfer Vorbild mit der Politik zusammenzuschließen und einen Kompromiß zu suchen. Aber unabhängig davon, daß der zuständige Rat Toppenstedt und die Bürgerinitiative von Anfang an auf Konfrontationskurs lagen, dürfte die Ohlendorfer Lösung - der Unternehmer, der Landkreis und die Gemeinde Seevetal bezahlten eine Kiestrasse vom Abbaugebiet um das Dorf herum - in Tangendorf Utopie bleiben.

"In Ohlendorf war das Ziel, schnell an die Autobahn zu kommen. Der Unternehmer in Tangendorf wird aber überwiegend die Region beliefern", sagt Peter Heitmann von der Fachgruppe Naturschutz und Landschaftspflege in der Kreisverwaltung. Für das Genehmigungsverfahren sei das voraussichtliche Verkehrsaufkommen nicht relevant gewesen. "Wichtig ist die Erschließung über eine qualifizierte Straße. Wenn die, wie hier, gegeben ist, kann man den Lkw hinterher nicht vorschreiben, wohin sie zu fahren haben", sagt Heitmann, der eine Bodenstärke von 50 Zentimetern zwischen dem Abbaugebiet und dem Grundwasser für sicher hält.

Anderer Auffassung als die Bürgerinitiative ist er auch bezüglich des Verkehrsaufkommens. "An dem Verkehr wird sich gegenüber jetzt kaum etwas ändern. Da überwiegend kleine Mengen abgebaut werden, halte ich es für wahrscheinlich, daß es nur kurzfristige Mehrbelastungen bei größeren Aufträgen gibt", so der Verwaltungsmitarbeiter, der es eher für möglich hält, daß nach Ablauf der Abbaugenehmigung eine Verlängerung um fünf bis 15 Jahre beantragt werden könnte.

Auf der gleichen Seite stehen Bürgerinitiative und Kreisverwaltung nur in einem Teilpunkt. Während die Tangendorf unbedingt vermeiden möchten, daß die Kuhle später mit Bauschutt oder Müll gefüllt wird, ist die Landkreisverwaltung generell gegen ein Füllen. "Bislang ist keine Verfüllung vorgesehen. Sie wird zwar voraussichtlich noch beantragt werden, der Landkreis war bisher aber immer dagegen", sagt Heitmann. Das Ziel sei eine "landschaftsgerechte Neugestaltung" nach dem Abbau. Das wiederum kann auch eine Bepflanzung der entstandenen Kuhle bedeuten, die nach dem Wunsch der Bürgerinitiative eigentlich mit sauberem Boden gefüllt werden sollte.