Die Gastro-Szene südlich der Elbe wird immer vielfältiger. Neben ambitionierten Restaurants mit deutschen Gerichten sind viele ausländische Küchen mit exotischen Genüssen hinzugekommen. Wir laden Sie zu einer kulinarischen Erlebnistour ein und schauen den Gastronomen in regelmäßigen Abständen in die Kochtöpfe. Heute: Tante Anna in Finkenwerder.

Von

Auf Regalen stehen Buddelschiffe, Schiffsmodelle, Figuren in Fischertracht. Zwei kleine Gallionsfiguren gibt es. Und Fotos von American Staffordshire-Terriern sowie Pokale. Die Fotos und Pokale gehören zusammen. Sie zeugen von einer Leidenschaft, die Beate Quast, Züchterin und Hundfreundin, hat, wenn sie einmal nichts mit ihrem Lokal im Sinn hat, wenn jemand anders am Zapfhahn steht oder serviert. Das Lokal steht am Finkenwerder Landscheideweg 100 im ländlichen Finkenwerder. Oder auch: dort, wo sich gleich neben Restaurant und Eingang zum Neuen Friedhof (wegen der Einengung der Fahrbahn) liebend gern Uniformierte postieren, um die Einhaltung von Tempo 30 per Videokamera zu überprüfen.

Wer das weiß, der hält sich trotz der geraden Straße daran oder bremst rechtzeitig ab. Die Kunden, denen nicht zum erstenmal der Sinn nach Matjes, Schollen, Pannfisch, Aal oder - in diesen Wochen - Stint ist, bremsen ohnehin, stellen das Auto auf dem Parkstreifen ab oder das Fahrrad in unmittelbarer Nachbarschaft. Und das sind viele, denn das Restaurant besteht seit 1906 und ist bekannt, wie der sprichwörtliche "bunte Hund".

Nur: den Namen, unter dem das Lokal seit Generationen bei Fischfreunden bekannt ist, den trägt die "Gaststätte zur Landscheide" offiziell erst seit zwölf Jahren. Damals nämlich übernahm Beate Quast das Lokal "Tante Anna", das ihre Urgroßmutter Anna Hinrichs einmal gegründet hat, das deren Tochter Anna Eylmann übernommen hat und heute Beate Quast als "Tante Anna" weiterführt. Doch wenn auch in der Inhaberschaft eine Generation überschlagen wurde, so soll sie nicht vergessen werden. Johann Eylmann, gelernter Zimmermann und 35 Jahre bei der Esso, und seine Frau Renate (gebürtige Harburgerin) waren und sind seit 45 Jahren im Betrieb tätig.

Renate Eylmann schwingt das Zepter am Herd, ihr Mann schält Kartoffeln, steht auch am Zapfhahn, serviert im Sommer auf der Terrasse. Gemeinsam sorgen alle dafür, daß sich die Gäste, die von der anderen Elbseite und aus der Nordheide und anderen Bereichen kommen, sich wohlfühlen. So wie Manuela Günther aus dem Tivoliweg in Harburg, die vor einigen Tagen in großer Runde, mit Baby und Hund zum Stintessen bei Tante Anna war.

Sie schwärmte in einem Brief an die Rundschau-Redaktion vom Essen, von der aufmerksamen, flinken aber nicht hektischen, bei allem Andrang freundichen Bedienung im Buscherump (dem Fischerhemd), vom Service und vom gutem Essen. Schon vor der Bestellung gab es leckeres Schwarzbrot mit Schmalz und Quark, angemacht mit Kräutern, Tomaten und Gurkenstückchen. Danach gab es "Stint satt".

Zu haben ist er - wie alle Fischgerichte in dem gemütlichen Traditionslokal - entweder mit Brat- oder Petersilienkartoffeln oder aber mit Speck-Kartoffelsalat. Dazu gibt es knackig frischen Salat und - zum Nachtisch - Apfelmus. Selbst gemacht wie der Kräuterquark und der Kartoffelsalat. Manuela Günther: "Wir haben alles probiert und waren begeistert."

Die Stint-Portionen stehen auf Warmhalteplatten. Und kaum haben die Gäste etwas Platz geschaffen, wird gefragt, ob es denn noch ein paar Stinte sein dürften. Frisch aus der Elbmündung, noch lebend von Cuxhaven nach Finkenwerder gebracht, dort geschlachtet und ausgenommen. Und frisch kommen sie, in Weizenmehl gewendet, in reichlich Fett gebacken, aus der Pfanne auf die Platten und auf den Tisch der Gäste.

Die Rundschau-Leserin aus Harburg hat sich rundum wohlgefühlt, hatte das Gefühl, sie säße in der "guten Stube". Die "Tante Anna", die Beate heißt, freut sich über das Lob, und daß ihre Ideen ankommen. Bei ihr sitzen die Gäste in kleinen, überschaubaren Räumen an "Ton in Ton" gedeckten Tischen, zum Teil auf "Finkenwerder Stühlen" (alten wie nachgearbeiteten) mit dem Blick auf das ländliche Finkenwerder.

Stint - gefangen zwischen Cuxhaven und Glückstadt - gibt es für 26,50 Mark zum Sattessen noch bis Ende März/Anfang April. Aber auch sonst bietet die Speisekarte (sie wird alle zwei Wochen neu geschrieben) attraktive und wohlschmeckende Gerichte. Vor allem Fisch wie am Anfang beschrieben, dazu kleine Vorspeisen mit Räucherfisch, Salate, Suppen. Und jeweils drei Fleischgerichte von Hausmachersülze und Schnitzel bis zum Sauerfleisch und Steak.

Einmal im Monat gibt es abends ein Menü. Das nächste am 26. März mit Finkenwerder Hochzeitssuppe, frischem Angelschellfisch mit Senfsauce und Petersilienkartoffeln oder aber Kalbs-Geschnetzeltem Züricher Art mit Röstitalern, danach hausgemachte Rote Grütze mit Vanillesoße. Inklusive eines Aperitifs kostet das Menü 33.50 Mark. Da kann man nicht meckern.

Für Wochenenden und die Menütage empfiehlt sich eine Anmeldung, sonst bei größeren Gruppen, denn im Lokal gibt es nur 70 Plätze (im Sommer weitere 60 auf der zum Teil überdachten Terrasse). Denn Beate Quast und Mutter Renate ("Ich koche aus Leidenschaft") wollen sich den Gästen auch widmen können, damit sie zufrieden sind. Gaststätte Tante Anna Finkenwerder Landscheideweg 100 21129 Hamburg, Telefon 040/742 81 13. Geöffnet dienstags bis freitags von 11 bis 15 und 17.30 bis 22 Uhr, sonnabends und sonntags durchgehend. Montags Ruhetag.